Politik in Radevormwald Debatte: Wie gerecht geht es in Deutschland zu ?

Radevormwald · Auf Einladung der Rader Kolpingsfamilie äußerten sich vier Bundestagskandidaten bei einer Podiumsdiskussion zur Arbeits- und Sozialpolitik.

 Vier Kandidaten, vier Fragerunden im Caritashaus (von links): Diyar Agu (Linke), Carsten Brodesser (CDU), Jörg von Polheim (FDP), Michaela Engelmeier (SPD) .

Vier Kandidaten, vier Fragerunden im Caritashaus (von links): Diyar Agu (Linke), Carsten Brodesser (CDU), Jörg von Polheim (FDP), Michaela Engelmeier (SPD) .

Foto: Jürgen Moll

Anderthalb Wochen vor der Bundestagswahl haben sich vier Kandidaten für den Wahlkreis Oberberg am Dienstag bei einer Podiumsdiskussion den Fragen der Veranstalter und der Zuhörer gestellt. Die Kolpingsfamilie Radevormwald hatte ins Caritashaus an der Hohenfuhrstraße eingeladen. Drei Kandidaten und eine Kandidatin waren gekommen: Carsten Brodesser (CDU), Michaela Engelmeier (SPD), Jörg von Polheim (FDP) und Diyar Agu (Die Linke). Leider war das Publikum mit rund 20 Personen recht überschaubar.

Schwerpunkt des Abends war die Arbeits- und Sozialpolitik, die der Kolpingsfamilie traditionell am Herzen liegt. Dr. Jörg Weber, der Radevormwalder Kolping-Vorsitzende, stellte den Politikern zunächst vier Fragen, die in drei Minuten beantwortet werden sollten.

Bei der ersten Frage ging es um die Zukunft des Rentensystems. Dass die demografische Situation ein „Weiter so“ unmöglich macht, darin waren sich alle Teilnehmer einig. Michaela Engelmeier erklärte, eine Anhebung des Rentenniveaus auf 48 Prozent sei nötig. Frauen seien besonders von Altersarmut betroffen. Jörg von Polheim plädierte für das Modell einer Aktienrente und einer Altersversorgung über Staatsfonds, was etwa in Schweden gut funktioniere. Carsten Brodesser erklärte, die gesetzliche Rente müsse durch betriebliche Renten und private Vorsorge ergänzt werden. Diyar Agu forderte eine „solidarische Mindestrente“.

Die zweite Frage: Wie können Familie und Beruf besser vereinbart werden? Für die Liberalen erklärte Jörg von Polheim, dass sich die Kitas den Bedürfnissen der berufstätigen Eltern anpassen müssten. Carsten Brodesser erinnerte daran, dass es große Investitionen in die Kinderbetreuung gegeben habe. Für Diyar Agu ist das nicht ausreichend, der Linken-Politiker plädierte für neue Arbeitsmodelle mit verringerter Wochenstundenzeit. Michaela Engelmeier forderte ebenfalls, dass mehr Zeit für die Familien bei vollem Lohnausgleich zu ermöglichen.

Die dritte Frage betraf einen Punkt, der die Kolping-Tradition besonders berührt: Was kann getan werden, damit die Ausbildung, etwa im Handwerk, und das Studium die gleiche Wertschätzung erfahren? Carsten Brodesser verwies darauf, dass es in Deutschland einen großen Mangel an Facharbeitern gebe. Das Studium sei durchaus nicht immer die beste Lösung, denn mit einem Bachelor-Abschluss seien die beruflichen Aussichten auch nicht immer rosig. Wichtig sei es, den Begriff vom „lebenslangen Lernen“ mit Leben zu füllen, etwa durch Förderung von Weiterbildung. Diyar Agu sieht das Imageproblem der Ausbildungsberufe auch in den wenig attraktiven Arbeitsbedingungen begründet. Eine bessere Vergütung wäre schon ein Schritt.

Michaela Engelmeier kritisierte, dass das Image der Hauptschule in den vergangenen Jahrzehnten kaputt gemacht worden sei – ohne Grund. Sie setzt sich dafür ein, Auszubildenden eine weitgehende Anstellungsgarantie zu geben, damit die Lehre wieder attraktiver wird. Dagegen wandte sich Jörg von Polheim, selber Handwerksmeister. „Sie können die Übernahme von Lehrlingen nicht verordnen“, sagte er. Dadurch erreiche man nur, dass Betriebe zögerten, Azubis einzustellen.

Die abschließende Frage behandelte die Chancengleichheit in der deutschen Gesellschaft. Die Pandemie habe gezeigt, wie ungleich die Lebensverhältnisse seien, kritisierte Diyar Agu. Die Linke fordere eine Vermögensabgabe und eine Gesamtschule für alle. Michaela Engelmeier stimmte teilweise zu: Beim Homeschooling seien ärmere Familien im Nachteil gewesen. Sie bedauerte, dass die Forderung der SPD, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, nicht umgesetzt worden sei. Dies bedauert auch Jörg von Polheim. Der FDP-Mann lehnte eine Einheitsschule ab, dies sei für die Förderung der Schüler nicht gut. Bessere Bildung sei der Schlüssel zur Chancengleichheit. Carsten Brodesser mahnte: „Wir können uns nicht alles leisten.“ Wie von Polheim bezweifelt er, dass eine Einheitsschule Talente fördern kann. Die Vermögenssteuer, die Agu erwähnt hatte, lehne die CDU ab, weil sie auf eine doppelte Besteuerung herauslaufe.

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