Radevormwald Bürgerliche Verblendung - Schüler spielen Max Frischs "Biedermann"

Radevormwald · Obwohl der Vorhang erst um 19.30 Uhr zur Seite geschoben wird, füllt sich die Aula des Theodor-Heuss-Gymnasiums schon eine halbe Stunde vor Theaterbeginn.

 Der Chor der Feuerwehr kommentiert das Geschehen. Die Uniformen stellte übrigens die richtige Feuerwehr zur Verfügung.

Der Chor der Feuerwehr kommentiert das Geschehen. Die Uniformen stellte übrigens die richtige Feuerwehr zur Verfügung.

Foto: Jürgen Moll

Die 17 Schüler des Literaturkurses haben im vergangenen Halbjahr an der Inszenierung von "Biedermann und die Brandstifter" gearbeitet. Unter der Leitung von Gabriele Nath haben sie sich an das Drama von Max Frisch herangewagt und ihre ganze eigene Interpretation kreiert. Heute ist der Freitagabend endlich da, auf den sie ein halbes Jahr hingearbeitet haben. Nach unzähligen Proben ist die große Premiere ihrer Aufführung kurz davor durchzustarten.

Jule Selter ist jetzt doch nervöser, als sie sich das gedacht hatte. "Aufgeregt zu sein gehört zum Theaterspiel natürlich dazu. Trotzdem hoffe ich, dass alles gut funktioniert", sagt die Schülerin, die in dem Stück die Hauptrolle übernimmt. Die Schüler haben die Rollen der Babette und des Gottlieb Biedermanns getauscht. Jetzt steht die Frau im Mittelpunkt und der Mann ist der bornierte Angsthase.

Für Jule ist die Aufführung des Literaturkurses nicht die erste Bühnenerfahrung. Sie spielt in ihrer Freizeit Theater und das merkt man ihr an. Die ersten Szenen sind vorbei und jetzt tritt die blonde und selbstbewusste Gymnasiastin auf die Bühne und spricht mit klarer, deutlich akzentuierte Stimme die Zeilen, die Max Frisch in den 1950er-Jahren schrieb.

Im Stück geht es vordergründlich um die Gutbürger Babette und Gottlieb Biedermann, die dem arbeits- und wohnungslosen Ringer Schmitz die Möglichkeit geben, sich bei ihnen einzuquartieren. Und das, obwohl die Stadt gerade von unbekannten Brandstiftern bedroht wird. Auch nach den ersten Zweifeln bleiben die Biedermanns in ihrer Verblendung standhaft.

Wichtig für das Verständnis des Stücks ist der Chor, bestehend aus Feuerwehrmännern, in dem die meisten Schüler des Literaturkurses mitspielen. Ähnlich wie in einer griechischen Tragödie erklärt, kommentiert und beschreibt der Chor Sachverhalte der Handlung und ist auch in der Rolle, um die Protagonisten zu warnen.

Während Jule, Yannik Prahl alias Gottlieb Biedermann und Sura Yasar in der Rolle des Hausmädchens versuchen hinter das Geheimnis der Brandstifter zu kommen, tritt der Chor als Erklärer und Gewissen auf. "Den Chor zu sprechen ist nicht leicht, weil wir viele Sätze aufgeteilt haben. Die Proben haben aber sehr viel Spaß gemacht", sagt Lisa Scholtyssek.

(trei)
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