Fichtenbestände stark befallen Masseninvasion der Borkenkäfer befürchtet

Radevormwald · Ein heißer Sommer wie 2018 wäre eine Katastrophe auch für den Radevormwalder Wald. Droht zweiter Kahlschlag wie nach Kyrill?

 Ein kleiner Käfer mit großer Wirkung. Der Borkenkäferinvasion in 2018 fielen viele Fichten zum Opfer. 2019 dürfte es noch schlimmer werden.

Ein kleiner Käfer mit großer Wirkung. Der Borkenkäferinvasion in 2018 fielen viele Fichten zum Opfer. 2019 dürfte es noch schlimmer werden.

Foto: Anna Steinhaus

Das frühlingshafte Wetter sorgte für strahlende Gesichter nach der Wintertristesse. Frühjahr in den letzten Wintertagen. Temperaturen um 15 Grad. Bernhard Priggel, Förster des Forstbetriebsbezirks Radevormwald, sieht das ganz anders. „Das Wetter war grenzwertig. So werden die Borkenkäfer und Larven geweckt und beginnen zu schwärmen.“

Der Jahrhundertsommer 2018 führte in den Fichtenbeständen von NRW zur größten Borkenkäferkamalität seit 1947. Die Temperaturen waren dauerhaft auf Rekordwerten. So entwickelten die Borkenkäferarten Buchdrucker und Kupferstecher sogar eine dritte Generation. Ein einziger Käfer, so das Regionalforstamt, schaffte seit April 2018 über 100.000 Nachkommen.

Die trocken-warme Witterung ist für Borkenkäfer ein Paradies, weiß Priggel. Deshalb bemüht sich der Förster, dass in Radevormwald vor allem Langholz verkauft wird. Denn für diese Fichtenstämme gibt es noch Geld. „Wo wir nicht in die Bestände reinkommen, also wo wir kein Langholz verarbeiten können, stockt der Absatz.“ Mehrere 100 Festmeter sollen aus den Privatwäldern im März noch verkauft werden. Im gesamten Regionalforstamtsbezirk werden 200.000 Festmeter Schadholz geschlagen und durch den Hawester gezogen, um die Käfer zu vernichten, so der Leiter des Regionalforstamtes, Kay Boenig. NRW-weit sind es zwei Millionen Festmeter.

Rund ein Fünftel der Stadtfläche ist Privatwald – etwa 1100 Hektar. Die Besitzer sind in der Forstbetriebsgemeinschaft zusammengeschlossen. Sie werden vom Regionalforstamt, und damit von Bernhard Priggel, betreut. 500 Hektar dieser Fläche sind in Rade mit Fichten bepflanzt. Boenig: „Dieser Baum ist der Brotbaum der Waldbauern. Durch den Klimawandel und die Folgen wird die Fichte hier nicht mehr lebensfähig sein“, so Boenig.

Buchdrucker schädigen Fichten ab 50 Jahre, die Kupferstecher befallen vor allem junge Bäume: Kay Boenig ergänzt: „Viele Käfer haben es geschafft, sich vor dem Winter  zu verpuppen. Und sie überwinterten im Boden. Unter befallenen Fichtenbeständen haben wir schon vier Millionen Käfer je Hektar gezählt.“

Jeder zweite Baum in Radevormwald ist eine Fichte. „Käfer und Larven haben gut überwintert. Mit steigenden Temperaturen schwärmen sie, fressen und vermehren sich unter de Rinde. Die Fichten waren 2018 so gestresst, dass sie kein oder kaum Harz gebildet haben, ihr Abwehrmechanismus fiel quasi aus“, sagt Priggel. So legen die Käfer gerade dort massenhaft Eier ab. „Wir rechnen damit, dass wir regionalweit 40 Prozent des Fichtenbestandes verlieren“, sagt der Leiter des Regionalforstamtes.

Nach Einschätzung des heimischen Försters ist Radevormwald „zum Glück so stark nicht betroffen“: „Der Südkreis ist viel schlimmer dran.“ Boenig bestätigt das: „Vom Königsforst bis Eckenhagen ist der Befall am schlimmsten.“

Priggel ist lange genug Förster um zu wissen, was auf die Wälder zukommt: „Wenn wir noch einmal so einen heißen Sommer wie 2018 bekommen, wird es ganz schlimm. Dann können wir die Fichte in unseren Beständen abhaken.“ Das werde dann eine forstwirtschaftliche Katastrophe, „wie wir sie noch nie erlebt haben“. Gerechnet werde dann wenigstens mit Schäden in einer Größenordnung wie im Jahr 2007 bei dem Orkan „Kyrill“: Da wurden NRW-weit 17 Millionen Festmeter Wald zerstört. Beide Förster rechnen damit, dass ein heißer Sommer 2019 einen noch größeren Schaden anrichten wird.

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