Verhandlung vor dem Amtsgericht in Wipperfürth Betrunken randaliert: 52-Jähriger zu Bewährungsstrafe verurteilt

Wupperorte · Manchmal geht es vor dem Amtsgericht durchaus kurios zu, oft sind die zu verhandelnden Fälle aber schlicht tragisch. Wie bei einem 52-jährigen Radevormwalder, der sich nicht nur aktuell wegen Diebstahls, Bedrohung und Widerstand gegen Polizeibeamte in Wipperfürth vor dem Amtsgericht verantworten musste.

 Vor dem Amtsgericht musste sich ein Radevormwalder verantworten.

Vor dem Amtsgericht musste sich ein Radevormwalder verantworten.

Foto: dpa/Uli Deck

Auch sonst hatte der Mann eine umfangreiche Delikts- und Suchtkarriere hinter sich. „Meinen ersten Rausch hatte ich mit neun Jahren“, sagte der Mann leise, dem man die vielen Jahre des Alkohol- und Drogenmissbrauchs durchaus ansah.

Im zu verhandelnden Fall war der 52-Jährige an einem Januarabend beim Penny Markt in Vogelsmühle aufgetaucht, hatte dort mehrere willkürlich ausgewählte Waren gestohlen und dann bis zum Eintreffen der alarmierten Polizei mehrere Kunden belästigt und bedroht. Da er den Beamten gegenüber aggressiv auftrat, sahen diese sich gezwungen, den 52-Jährigen unter vorgehaltener Waffe ein Schach zu halten, ehe eine der beiden Beamten ihn mit Pfefferspray außer Gefecht setzte.

Er habe einen Rückfall zum Alkoholkonsum erlitten, sagte der Angeklagte. „Die Vorwürfe sind alle so passiert“, ergänzte er. Es gebe Phasen, in denen er nichts trinke und keine andere Drogen konsumiere. In diesen Phasen gehe es ihm auch gut. „Wenn ich irgendetwas konsumiere, fallen die Hemmungen und solche Sachen passieren“, sagte der 52-Jährige.

Im konkreten Fall habe er im Herbst 2018 wieder mit dem Trinken begonnen, auch weil die Situation mit seiner Frau immer schwieriger geworden sei. „Was haben Sie am besagten Tag getrunken?“, wollte der Richter wissen. „Ich weiß noch von einer Flasche Wein. Aber ich bin auch gesundheitlich angeschlagen, ich vertrage nicht mehr so viel“, sagte der Angeklagte. Dass die Tat dem Alkohol zu schulden gewesen sei, machte der 52-Jährige auch daran fest, dass er überhaupt nicht vorhatte, irgendetwas Bestimmtes zu klauen.Die Liste las sich entsprechend: Hausschuhe, Senf, rohes Fleisch oder zwei Dosen Jim Beam.

Eine 35-jährige Raderin hatte den Vorfall mitbekommen. In ihrer Zeugenaussage berichtete sie davon, von dem Angeklagten vor dem Supermarkt angepöbelt worden zu sein. Auch der 27-jährige Einzelhandelskaufmann, der die Polizei gerufen hatte, berichtete vom teils irrationalen Verhalten des Angeklagten. „Er hat mir vorgeschlagen, dass Penny ihn doch als Ladendetektiv anstellen könnte“, sagte er. Der 25-jährige Polizist, der ebenfalls als Zeuge aussagte, bestätigte im Wesentlichen die Anklage. Er berichtete zusätzlich davon, dass der Angeklagte im Polizeiwagen gesagt habe, dass er die Beamten provozieren habe wollen, damit diese ihn erschießen würden. „Daraufhin haben wir ihn in die psychiatrische Klinik nach Marienheide gebracht“, sagte der Polizist.

Der Auszug aus dem Zentralregister datierte bis in die 1980er Jahre zurück, mehrere Gefängnisstrafen, Geldstrafen und Unterbringungen standen darin. Seit Mai sei der Mann im betreuten Wohnen untergebracht, er selbst stehe unter Betreuung. „Ihm wird geholfen – aber mein Wunsch wäre, dass er in Richtung Suchttherapie etwas macht. Er braucht eine Anlaufstelle, wenn es kritisch wird“, sagte die Betreuerin. Am Ende standen sieben Monate, die zur Bewährung ausgesetzt wurden.

„Durch Geldstrafen sind Sie offensichtlich nicht zu beeindrucken. Deswegen muss eine Freiheitsstrafe her. Die Bewährung gibt es, weil die Betreuerin Ihnen eine positive Prognose gibt. Nehmen Sie die Hilfe an, die man Ihnen anbietet“; sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung.

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