Impfgegner und Uninformierte machen dem Gesundheitsamt viel Arbeit Bei Kita-Anmeldung Impfbuch vorlegen

Radevormwald · Die Situation bei Masern ist kreisweit immer noch angespannt. Hunderte Kontaktpersonen, verstreut über viele Kommunen, werden angesprochen. Auch in Radevormwald sind etliche Kinder nicht geimpft.

 Ein Impfbuch mit markierten Feldern liegt auf einem Tisch. Wer das nicht bei der Kita-Anmeldung vorlegt, dem steht ein Arztbesuch bevor.    Foto: D. Karmann

Ein Impfbuch mit markierten Feldern liegt auf einem Tisch. Wer das nicht bei der Kita-Anmeldung vorlegt, dem steht ein Arztbesuch bevor. Foto: D. Karmann

Foto: dpa/Daniel Karmann

Die Entscheidung eines Träger von fünf Essener Kindertagesstätten, nur noch geimpfte Kinder aufzunehmen, wird auch in Radevormwald mit Interesse verfolgt. Denn nicht nur Masern breiten sich immer weiter im Oberbergischen Kreis und darüber hinaus aus; mit Mumps und Röteln gibt es weitere Kinderkrankheiten, die der Meldepflicht unterliegen und gegen die man sich impfen lassen kann. In Deutschland gibt es keine Impfpflicht; aber in NRW besteht eine Impfberatungspflicht, sagt Katrin Pfeiffer. Sie ist Leiterin des Kinderhauses Pusteblume und Sprecherin aller Radevormwalder Kindergärten. Klar ist: „Wenn Kinder in den Radevormwalder Kitas angemeldet werden, müssen die Eltern das Impfbuch mitbringen.“

Denn es geht nicht nur um Masern oder Röteln, sondern auch um die Tetanus-Schutzimpfung. Pfeiffer: „Wenn Kinder nicht geimpft sind, beginnt ein klar vorgegebener Ablauf: Die Eltern müssen zuerst zur Impfberatung bei einem Arzt.“ Wer dann trotzdem nicht sein Kind impfen lassen will, bekommt aber die Beratungsbescheinigung für die Kita. Falls Eltern keine Beratung aufsuchen, wird dies dem Gesundheitsamt gemeldet. Falls es zum Ausbruch von ansteckenden Krankheiten kommt, hat das Gesundheitsamt die Fakten, prüft Impfpässe und schließt im Notfall nicht geimpfte Kinder aus. Es gibt Wiederzulassungsrichtlinien für jede Kinderkrankheit, erzählt die Sprecherin der Kitas. „Im Masernfall ist es so: Sind Eltern nicht geimpft, dürfen Kinder nicht in die Kita.“ Und auch in Radevormwald gebe es nicht geimpfte Kinder. „Es werden wohl einige sein“, schätzt Pfeiffer, „die genaue Zahl kenne ich aber nicht.“

Warum aber wollen Eltern ihre Kinder nicht impfen lassen? Nach Einschätzung von Pfeiffer schätzen sie die Nebenwirkung höher ein als die Krankheit selbst. Wobei auch Säuglinge oftmals noch nicht geimpft sind. Dabei können Masern auch bei Erwachsenen mit Immunschwäche oder Säuglingen gefährlich sei – ja sogar tödlich. Katrin Pfeiffer ist aber froh, dass es bei ihr in der Kita noch keinen Masernfall gegeben habe. Wobei klar ist: Neben Masern, Mumps, Röteln und Windpocken sind auch Kopfläuse und Scharlach meldepflichtig. „Wir informieren dann die Eltern mit Aushängen.“ Derzeit kämpft das Kinderhaus aber weniger mit Kinderkrankheiten: „Ein Thema bei uns sind fiebrige Erkältungskrankheiten. Das schwächt.“

Dem Vorbild des Essener Trägers soll aber aktuell nicht gefolgt werden. „Ich weiß nicht, ob in einzelnen Einrichtungen oder bei den verschiedenen Trägern darüber gesprochen wird“, so Katrin Pfeiffer. „Im Arbeitskreis der Kita-Leiterinnen war das noch kein Thema.“

Für das Kreisgesundheitsamt nehmen die Masernfälle derzeit viel Zeit und Kraft in Anspruch. „Die Situation ist weiter sehr angespannt. Es gibt keine Entwarnung“, sagt Kreissprecher Philipp Ising. Die 20 Mitarbeiter des Gesundheitsamtes seien nicht nur tagsüber, sondern auch abends und an Wochenenden im Einsatz, um vor allem mit Kontaktpersonen zu sprechen, teilweise dann auch mit Übersetzer. „Das ist schon eine zusätzliche Belastung“, berichtet er.

Es gibt rund ein Dutzend Masernfälle, aber inzwischen mehrere hundert Kontaktpersonen. „Masern, anfangs hauptsächlich im Südkreis, breitet sich in alle Richtungen aus“, sagt Ising.

Er machte noch einmal im Gespräch mit dieser Redaktion deutlich, dass Masern keine Kinderkrankheit sei. Sein Appell: Unbedingt den Impfschutz kontrollieren. Die ersten Symptome von Masern seien denen einer Grippe ähnlich. Zudem sei die Ansteckungsgefahr groß. „Ist ein an Masern Erkrankter in einem Raum gewesen, bleiben oftmals Viren. Damit sind die nächsten schon angesteckt.“ Deshalb warnt er vor der Karnevalszeit: „Schauen Sie erst mal in ihren Impfausweis, ob Sie noch geschützt sind.“

Bauchschmerzen aber bereiten den Mitarbeitern des Gesundheitsamtes nicht die Impfgegner, sondern jene Menschen, die nicht oder falsch aufgeklärt sind. So zum Beispiel Flüchtlinge, die oftmals immer noch meinten, Masern seien eine Kinderkrankheit. „Die Aufklärung kostet, eben oftmals mit Übersetzer, viel Zeit.“

Deutschland laufe jedenfalls dem WHO-Anspruch, die Masern auszurotten, hinterher. „In den USA gilt die Impfpflicht, bei uns nicht. Das ist wie bei einem Feuer: Es gibt Glutnester, wo ein Funke genügt für einen neuen Brand.“

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