Alexander Paffrath "Baden bei Gewitter ist lebensgefährlich"

Radevormwald · Alexander Paffrath ist Bezirksleiter der DLRG und stellvertretender technischer Leiter Einsatz. Im BM-Interview erklärt er, wie man sich beim Schwimmen im Freigewässer richtig verhält und wie man sich bei der DLRG auf die Badesaison vorbereitet.

 Alexander Paffrath ist Bezirksleiter der DLRG. Sein Einsatzgebiet ist die Wupper-Talsperre an der Kräwinklerbrücke.

Alexander Paffrath ist Bezirksleiter der DLRG. Sein Einsatzgebiet ist die Wupper-Talsperre an der Kräwinklerbrücke.

Foto: Jürgen Moll

Herr Paffrath, gehen Sie eigentlich selbst in den Talsperren schwimmen?

Alexander Paffrath Selbstverständlich. Nach einem langen Tag im Büro gibt es kaum etwas Schöneres. Insbesondere bei der hervorragenden Wasserqualität unserer bergischen Talsperren.

Der Sommer steht in den Startlöchern - wie bereitet man sich bei der DLRG allgemein auf die Badesaison vor?

Paffrath Die Rettungsschwimmer halten sich im Schwimmbad fit für den sommerlichen Einsatz und absolvieren auch in der einsatzfreien Zeit Übungen und Fortbildungen. Weiterhin steht zur Saisonvorbereitung technischer Dienst auf dem Programm. So werden beispielsweise die Boote ausgewintert und die Steganlage zu Wasser gelassen.

Ihre Wasserrettungsstation liegt an der Wupper-Talsperre, die sich ja großer Beliebtheit als Badesee erfreut. Wo liegen die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit dort?

Paffrath Der Kern unserer Arbeit liegt klar im Bereich der Freizeitanlage Kräwinklerbrücke. An sommerlichen Wochenenden zählen wir dort weit mehr als 1000 Besucher, die schwimmen, Boot fahren oder sich einfach in die Sonne legen. Wir überwachen das Badegebiet mittels Boots- und Fußstreifen und sind zeitweise mit Wachposten auf dem Gelände präsent. Unsere Einsätze finden allerdings zumeist nicht auf, sondern eher am Wasser statt: Die Versorgung von Schnittwunden ist Tagesgeschäft.

Wie ist eigentlich zahlenmäßig das Verhältnis zwischen auswärtigen Besuchern und Anwohnern?

Paffrath Die direkten Anwohner der Wupper-Talsperre kann man an einer Hand abzählen. Wenn man sich die Kennzeichen der geparkten Autos anschaut, würde ich auf etwa 90 Prozent "RS" und "GL" tippen. Die "Kräwi" wird also als Naherholungsgebiet gut angenommen.

Gibt es wiederkehrende "Schwächen" von Badegästen?

Paffrath Einer der gefährlichsten Fehler ist der direkte Sprung ins kühle Wasser nach einem ausgiebigen Sonnenbad. Insbesondere bei älteren Menschen verkraftet der Kreislauf die großen Temperaturunterschiede zwischen Luft und Wasser nicht. Durch diesen "Temperaturschock" steigt der Blutdruck schlagartig an, gleichzeitig verengen sich die Gefäße. Mögliche Folgen können bis hin zu Herzinfarkt oder Schlaganfall führen. Eine weitere Gefahr ist das Überschätzen der eigenen Kraft. Vom Ufer aus sieht es aus, als sei die gegenüberliegende Uferseite schnell zu erreichen. Doch wenn man dann unterwegs ist, merkt man erst, wie weit es wirklich noch ist.

Wenn man auf Nummer sicher gehen will: Wie verhält man sich richtig beim Schwimmen im See?

Paffrath Man kühlt sich zunächst im flachen Uferbereich langsam ab, etwa nach dem Prinzip wie in den kalten Duschen im Freibad. Während des Schwimmens muss man dann auf die Signale des Körpers hören: Fühlt man sich schlapp, wird es kalt oder kommt es schon zu Krämpfen, ist es höchste Zeit umzukehren. Wichtig ist auch die Orientierung. Wenn man nicht alle paar Züge auf die Richtung achtet, kommt man schnell "aus der Bahn". Idealerweise sollte man im Freigewässer zu zweit schwimmen, dann kann der Andere notfalls Hilfe leisten.

Was ist dran am Mythos: Nach dem Essen soll man eine Stunde mit dem Schwimmen warten?

Paffrath Das ist nicht direkt ein Mythos, sondern in abgewandelter Form eine unserer Baderegeln, die schon Kinder im Rahmen der Schwimmausbildung beigebracht bekommen. Grundsätzlich ist es für gesunde Menschen unproblematisch, sich nach einer Mahlzeit im Wasser abzukühlen. Sportliches Schwimmen mit vollem Magen setzt den Körper allerdings einer Doppelbelastung aus, da der Magen-Darm-Trakt ja zusätzlich mit dem Verdauungsprozess beschäftigt ist. Dies geht dann wieder zu Lasten des Kreislaufs. Seitenstechen und Übelkeit sind die Folge. Es wird übrigens ebenso nicht empfohlen, mit völlig leerem Magen zu schwimmen. Das ist nicht direkt gesundheitsschädlich, kann aber zu Schwindel und Magenkrämpfen führen. Woher der Zeitansatz von einer Stunde kommt, kann ich nicht sagen. Da der Stoffwechsel eines Menschen nicht immer gleich ist, muss man sich hier auf sein individuelles Körpergefühl verlassen.

Gibt es weitere Situationen, in denen man tatsächlich besser nicht ins Wasser gehen sollte?

Paffrath Auf jeden Fall bei Gewitter. Der Aufenthalt im Wasser ist in diesem Fall lebensgefährlich. Wenn wir den Blick mal weg von unseren Talsperren auf die Küsten der Meere lenken, können auch Wind, Wellen und starke Strömungen große Gefahren darstellen. Die Rettungsschwimmer warnen dort mit einer roten Flagge.

Wie kann die DLRG denn den Wasserrettungsdienst personell stemmen?

Paffrath In den letzten Jahren wird es schwieriger, ausreichend Personal für den Wasserrettungsdienst an der Kräwinklerbrücke zu gewinnen. Insbesondere in den Sommerschulferien sind wir kaum in der Lage, die Wasserrettungsstation an den Wochenenden zu besetzen.

Wo liegen aus ihrer Sicht die Gründe dafür? Gibt es Nachwuchsprobleme?

Paffrath Zunächst einmal ist hervorzuheben, dass alle Aktivitäten der DLRG rein ehrenamtlich geleistet werden. Es gibt weder eine Aufwandsentschädigung für die Rettungsschwimmer, noch für die DLRG selbst. Seit vielen Jahren liegt ein Schwerpunkt unserer Tätigkeit in der Nachwuchsgewinnung durch gezielte Jugendarbeit. Auch ich selbst habe vor über 20 Jahren im sogenannten Jugend-Einsatz-Team angefangen, und wir bilden jährlich zwischen fünf und zehn Nachwuchskräfte aus. Allerdings lässt die Reform der Bildungslandschaft den Schülern heutzutage leider wenig Spielraum für weitere Aktivitäten. Diejenigen, die dann trotzdem durchhalten, gehen uns dann meist mit dem Studium verloren. Doch die Nachwuchsproblematik ist es nicht allein. Einige Kameraden fühlen sich in ihrer Tätigkeit leider nicht mehr wirklich ernstgenommen und wertgeschätzt.

Das müssen Sie erklären ...

Paffrath Insbesondere in den letzten fünf Jahren kam es immer wieder zu Pöbeleien gegen die eingesetzten Rettungsschwimmer. Die Steganlage für die Motorrettungsboote, die übrigens durch die DLRG finanziert wurde, wird dauerhaft belagert. Wenn man dort anlegen will, muss man sich rechtfertigen und erhält noch blöde Sprüche dazu. Letztes Jahr führte das dazu, dass ein Rettungsboot losgebunden wurde, und die Rettungsschwimmer dann hinterherschwimmen mussten. Im Einsatzfall geht so wertvolle Zeit verloren. Erst kürzlich fanden wir dann die gesamte Steganlage frei auf der Talsperre treibend. Die dicken Stahlseile waren unter der Woche mit massiver Gewalt durchtrennt worden - da hört der Spaß auf.

Vor diesem Hintergrund könnte man ja fast überlegen, ob man sich weiter engagiert?

Paffrath Der Vorstand der DLRG hat gemeinsam mit der Wachmannschaft entschieden, dass wir auch künftig im Rahmen unserer Möglichkeiten an der Wupper-Talsperre präsent sein werden. Wir gehen davon aus, dass die meisten Besucher einfach nur Erholung suchen und im Notfall froh sind, wenn wir zu Hilfe kommen. Dem haben wir uns in unserer Satzung verschrieben und das darf man durch die unschönen Aktionen nicht in Frage stellen.

Wie kann man sie dabei unterstützen?

Paffrath Wir freuen uns über jeden, der sich bei uns einbringen möchte. Dies muss nicht unbedingt im Wasserrettungsdienst sein - auch in der Schwimmausbildung werden immer helfende Hände gebraucht. Da wir unsere ehrenamtliche Arbeit ausschließlich über Mitgliedsbeiträge und Spenden finanzieren, sind wir darüber hinaus natürlich auch über finanzielle Zuwendungen überaus dankbar.

Das Interview führte Wolfgang Weitzdörfer

(RP)
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