Amtsgericht Wipperführt verhandelt gegen einen Radevormwalder Landwirt beschuldigt Anwalt zu Unrecht - Geldstrafe
Radevormwald · Ein langwieriger Nachbarschaftsstreit beschäftigte nach Zivilgerichten jetzt auch den Strafrichter in Wipperfürth. Das Verfahren endete mit einem Schuldspruch.
Dass Nachbarn sich streiten, kommt vor. Dass sie dann Zivilgerichte bemühen, um ihr Recht oder das, was sie dafür halten, juristisch zu erstreiten, auch. Dass dann aber auch der gegnerische Anwalt attackiert wird, so dass der Streit am Ende in einem Strafverfahren eskaliert, dürfte bei aller Leidenschaft oder auch Verbohrtheit in langjährigen nachbarschaftlichen Auseinandersetzungen doch eher die Ausnahme sein. Um einen solchen Ausnahmefall ging es jetzt vor dem Amtsgericht in Wipperfürth. Angeklagt war ein Landwirt aus Radevormwald.
Die Staatsanwaltschaft legte dem Mann eine falsche eidesstattliche Versicherung und falsche Beschuldigung zur Last. Betroffen war ein Rechtsanwalt, der nun als Zeuge vor Gericht geladen war. In mehreren Zivilverfahren hatte der Anwalt den Nachbarn des Landwirts juristisch vertreten. Darin war es um ein Wegerecht gegangen: Der Nachbar konnte nur über das Hofgelände des Landwirts zu seinem Haus kommen, seine Mieterin ebenfalls. Schon der Vater des nun Angeklagten hatte dem Nachbarn beziehungsweise dessen Mieterin aber die Fahrt über sein Grundstück untersagt. Nach dessen Tod hielt der Sohn an dem Verbot fest. Es kam zum Zivilprozess, in dem der Nachbar ein Notwegerecht durchsetzen wollte.
Im Zivilverfahren hatte der Anwalt des Nachbarn sich auf ein Telefonat mit dem Landwirt an einem Tag im Juni 2021 berufen, in dem es um das Wegerecht gegangen sei. Der Landwirt versicherte jedoch an Eides statt, dass es dieses Telefonat nie gegeben habe. Darüber hinaus erstattete er Strafanzeige gegen den Anwalt und beschuldigte ihn darin der Falschaussage im Bezug auf das Telefonat. Das führte zu einem Ermittlungsverfahren gegen den Juristen, das die Staatsanwaltschaft dann jedoch wegen mangelnden Tatverdachts schnell eingestellt hatte. Die juristisch logische Folge war das Ermittlungs- und Strafverfahren gegen den Landwirt, denn sowohl eine falsche eidesstattliche Versicherung als auch eine falsche Beschuldigung sind Straftaten, die schwer wiegen – erst recht, wenn ein Anwalt der Falschaussage vor Gericht beschuldigt wird, der dadurch in seiner beruflichen Existenz gefährdet werden kann.
In dem Strafverfahren blieb der Angeklagte bei seiner Version der Geschichte: Das Telefonat mit dem Rechtsanwalt habe es nie gegeben, an dem fraglichen Tag sei er gar nicht auf seinem Hof gewesen. Möglich sei allenfalls, dass der Anwalt entweder mit dem Anrufbeantworter gesprochen habe oder aber mit irgendjemandem sonst, denn auf dem Hof gebe es noch ein Telefon im Außenbereich, das jedem zugänglich sei, der sich zufällig dort aufhalte. Als Zeugin hatte der Landwirt seine Schwester zum Prozess mitgebracht. Auch sie sagte aus, dass ihr Bruder an dem Tag im Juni nicht zu Hause gewesen sei, sie habe sich damals dort um die Tiere gekümmert und ihre Mutter besucht.
Das Gericht wertete das letztlich als Gefälligkeitsaussage für den Bruder. Es gebe keinen Zweifel daran, dass das Telefonat zwischen gegnerischem Anwalt und Landwirt tatsächlich geführt worden sei. „Der Anwalt hat doch persönlich gar keinen Nutzen davon gehabt, ein Telefonat ins Spiel zu bringen, das es nie gegeben hat“, betonte der Richter. Er verurteilte den bis dahin nicht vorbestraften Landwirt wegen falscher eidesstattlicher Versicherung und der falschen Beschuldigung zu 1800 Euro Geldstrafe (45 Tagessätze zu 40 Euro). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Landwirt kann Rechtsmittel dagegen einlegen. Dann muss sich erneut ein Gericht mit dem alten Nachbarschaftsstreit und seinen strafrechtlichen Folgen befassen.