Neuss Zu viel Tabakrauch im Festzelt

Neuss · Das Deutsche Krebsforschungszentrum hat auch beim Neusser Schützenfest die Belastung der Luft mit Schadstoffen aus Tabakrauch gemessen. Die Werte lagen über dem, was in Discos oder Kneipen ermittelt wurde.

 Dicke Luft im Festzelt: Das Krebsforschungszentrum Heidelberg hat erstmals dieSchadstoffe aus Tabakrauch in der Zeltluft gemessen.

Dicke Luft im Festzelt: Das Krebsforschungszentrum Heidelberg hat erstmals dieSchadstoffe aus Tabakrauch in der Zeltluft gemessen.

Foto: A. Endermann

Verdeckte Messungen bringen es an den Tag: Die Luft in Festzelten ist in erheblichem Maße mit Schadstoffen aus dem Tabakrauch belastet. Da macht das Zelt des Neusser Bürgerschützen-Vereins keine Ausnahme, wie eine Untersuchung im Auftrag des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg zeigt. 550 Mikrogramm je Kubikmeter Atemluft wurde in der Spitze ermittelt, bestätigt Dietmar Jazbinsek als Koautor der Studie. Mehr als in Diskotheken, Kneipen oder vollkommen verrauchten Zugbistros vor Einführung des bundesweiten Nichtraucherschutzgesetzes gemessen wurden.

Die Veröffentlichung der Ergebnisse dieser ersten Untersuchung einer Schadstoffbelastung durch Tabakkonsum fällt in eine Zeit, in der in Nordrhein-Westfalen über eine Novelle des bestehenden Nichtraucherschutzgesetzes debattiert wird. Der Entwurf der Landesregierung sieht ein generelles Rauchverbot in der Öffentlichkeit nach bayerischem Vorbild vor, doch es gibt in der Debatte Stimmen, die auch künftig Ausnahmeregelungen zulassen wollen.

Erst in der vergangenen Woche starteten der Hotel- und Gaststättenverband (DeHoGa), der Brauereiverband NRW und der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels in Neuss die (Bierdeckel)-Aktion "Mensch. Kultur. Kneipe. — Ja zu einer fairen Lösung für alle". Gemeinsames Ziel: Stimmen sammeln gegen ein absolutes Rauchverbot.

Das deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) hatte schon 2007 gegen Ausnahmen Stellung bezogen, damals in Form von Raucherräumen. Genauso entschieden tritt das Krebsforschungszentrum jetzt gegen Rauchen in Festzelten und bei Brauchtumsveranstaltungen an. "Schützenfeste sind genauso wie Karnevalsfeiern Feste für die ganze Familie", erklärt dazu Martina Pötschke-Langer, die beim DKFZ für diese Studie verantwortlich ist. "Im Tabakrauch sind lungengängig bis zu 90 Substanzen, die krebserzeugend sind oder die in dem Verdacht stehen, Krebs zu erzeugen", sagt sie. Es sei daher nicht zu verantworten, dass ausgerechnet in Zelten das Rauchen erlaubt sein soll. Zumal bei allen Messungen auch Kinder anwesend waren.

Der Jägerball beim Fest der Neusser Bürgerschützen war eine von vier Veranstaltungen, bei denen Luftmessungen vorgenommen wurden. Die Ergebnisse waren in etwa vergleichbar, betont Jazbinsek. Bemerkenswert sei allerdings, dass in Neuss — anders etwa als beim Bundesschützenfest in Hürth — Ventilatoren liefen, im Messzeitraum von 21.20 bis 21.52 Uhr alle Türen und auch ein Teil der Seitenwände offen standen. "Es wurde eigentlich alles getan, was ein Veranstalter zur Belüftung eines Festzeltes tun kann." Schützenpräsident Thomas Nickel kommentierte die Studie knapp: "Wir werden uns weiter gesetzestreu verhalten. Der Landtag soll endlich eine klare Regelung treffen."

(NGZ/ac/jco/anch)
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