Neuss Zieht sich SPD-Politker Stolz heute zurück?

Neuss · Die Neusser SPD stellt heute ihre Kandidaten für die Ratswahl auf. Fraktionschef Reiner Breuer gilt als Spitzenkandidat gesetzt. Doch für Spannung ist gesorgt, denn der erfolgreiche Ratsherr Ingo Stolz beklagt mangelnde Wertschätzung.

 Neusser Sozialdemokraten gewannen 2009 nur zwei von 29 Wahlkreisen: Hubert Eßer (l.) und Ingo Stolz zogen direkt für die SPD in den Stadtrat ein.

Neusser Sozialdemokraten gewannen 2009 nur zwei von 29 Wahlkreisen: Hubert Eßer (l.) und Ingo Stolz zogen direkt für die SPD in den Stadtrat ein.

Foto: woi

Mit "gemischten Gefühlen" geht Benno Jakubassa (60) heute in die Aufstellungsversammlung seiner Partei. Der erfahrene Vorsitzende der Neusser SPD, seit 1995 im Amt, weiß, dass er mit Reiner Breuer (44) einen überzeugenden Spitzenkandidaten präsentieren kann. Er weiß aber auch, dass das von ihm empfohlene Personaltableau zur Reserveliste ein fragiles Gebilde ist. Ist Reiner Breuer auf Platz eins gesetzt, so könnte es auf den folgenden Rängen noch zu einigen Verschiebungen kommen.

Wenn heute rund 600 Neusser Sozialdemokraten aufgerufen sind, ihre Kandidaten für die Ratswahl am 25. Mai aufzustellen, dann liegt Spannung in der Luft, wenn die Versammlung um 10 Uhr im Thomas-Morus-Haus an der Adolfstraße eröffnet wird. Der Grund: Altgediente und erfolgreiche Stadtverordnete wie Hartmut Rohmer (70) und Ingo Stolz (66) sind mit ihren Listenplätzen unzufrieden. Während Rohmer — bei der 2009er-Wahl noch auf Platz 3 — seine "Rückstufung" auf den fünften Platz inzwischen wohl akzeptiert hat, gewährt Ingo Stolz nur sehr wortkarg Einblicke in seine Überlegungen: "Ich will niemanden schaden."

Aber Ingo Stolz lässt keinen Zweifel daran, dass er den für ihn vorgesehenen Listenplatz 20 für unangemessen hält. Immerhin kann Stolz darauf verweisen, dass er seinen Wahlkreis im Neusser Süden zuletzt zweimal direkt holte. Seither wird er auch als "Bürgermeister von Allerheiligen" gefeiert. Direktgewonnene Wahlkreise sind für die Neusser SPD eine Rarität. 2005 gelang dieses Kunststück für die SPD nur Stolz; 2009 gesellte sich zu Stolz noch Hubert Eßer im Barbaraviertel hinzu.

Wie wird Ingo Stolz auf die in seinen Augen fehlende Wertschätzung reagieren? Sucht er heute noch die Kampfabstimmung und strebt einen einstelligen Listenplatz an? Oder lässt er die Bombe im Vorfeld der Versammlung platzen und zieht sich aus der operativen Politik gänzlich zurück? Das wäre eine neue, emotionale Situation für die heutige Aufstellungsversammlung und die Parteitagsstrategen.

Sollte Ratsherr Stolz tatsächlich auf eine Kandidatur verzichten, gilt Ina Grothe als eine mögliche Nachfolgerin — und würde die vorbereitete Liste noch einmal in Bewegung setzen: Da die Sozialdemokraten auf den ersten 16 Plätzen die selbst auferlegte Frauenquote noch nicht erfüllen, müsste Ina Grothe nicht mit Platz 20 vorlieb nehmen, sondern müsste weiter vorn eingereiht werden. Sie wäre plötzlich Bewerberin für einen "aussichtsreichen Listenplatz", denn im aktuellen Stadtrat ist die SPD mit 16 Stadtverordneten vertreten.

Derweil begnügt sich Hartmut Rohmer aus Selikum mit Platz 5. Auf seinen Rang 3 von der 2009er-Wahl rückt der jüngere Arno Jansen vor, der offenbar für "höhere Aufgaben" vorgesehen ist. Er gilt als Favorit auf den Vorsitz der SPD-Ratsfraktion, wenn Reiner Breuer auf den Posten des Vize-Bürgermeister wechselt, im NRW-Landtag Karriere macht oder im nächsten Jahr zum Bürgermeister der Stadt Neuss gewählt werden sollte.

Für SPD-Chef Jakubassa haben Vorstand und Findungskommission im Vorfeld der Aufstellungsversammlung einen guten Job gemacht. Das Kandidatentableau sei eine gute Mischung aus erfahrenen Stadtverordneten und vielversprechenden Talenten. Aber das letzte Wort haben heute die Mitglieder.

(NGZ)
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