Neuss Zeughauskonzert in großer Konzentration

Neuss · Das Novus String Quartet aus Südkorea zeigte eine makellose Intonation, aber ohne Affinität zum klassischen Stil.

Wohl eher ein Zufall: Pünktlich zu den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang präsentierte Kulturdezernent Rainer Wiertz in den Zeughauskonzerten das Novus String Quartet aus Korea. Jae-Young Kim und Young-Uk Kim (Violinen), Kyuhyun Kim (Viola) und Woong-Wee Moon (Violoncello) leben und studieren allerdings in München.

Der erste Auftritt des 2007 in Seoul gegründeten Quartetts im Neusser Zeughaus hatte allerdings zwei Seiten: Die weitaus bessere Hälfte fand erst nach der Pause statt.

Das mächtig dimensionierte "Streichquartett Nr. 1 d-Moll op.7" von Arnold Schönberg ist in Sachen Feingefühl, Kraft und Ausdauer eine gewaltige Herausforderung für jedes Quartett. Das Werk von knapp 50 Minuten besteht zwar aus vier Teilen, die aber miteinander mannigfach verschlungen sind und nahtlos mit kleinen Zwischenspielen verbunden sind.

Vor allem diese formale Konzeption löste bei der Uraufführung in Wien 1907 einen Skandal aus. Mehr als ein Jahrhundert später folgte das Neusser Publikum dem Verlauf, in dem immer wieder neue Entwicklungen eines Hauptthemas in rhythmischer und harmonischer Struktur gebildet sind, gelassen und gespannt.

Denn was die jungen Musiker - Mitte bis Ende 20 - an Konzentration und Können zeigten, war schon außergewöhnlich. Die rhythmisch synchron vollkommen passgenaue Spiel verwunderte auch deshalb, weil Kyuhyun Kim (Viola) erst seit einem Monat Mitglied im Quartett ist. "Sie spielen auf gleichem Niveau und haben eine zupackende Art des Musizierens" urteilte Lukas Hagen, Primgeiger des Hagen-Quartetts, als Juryvorsitzender des Mozart-Wettbewerbs 2014 in Salzburg, den die jungen Streicher gewannen.

In der ersten Hälfte des Konzertes spielten sich die Streicher allerdings nicht in die Herzen aller Zuhörer. Einige verließen gar vor der Pause den Saal. Das Quartett spielte Beethovens populäres "Streichquartett Es-Dur op. 127", für den Zuhörer in gewohnter Viersätzigkeit.

Aber vor allem die erste Violine zerlegte Beethoven in ätherische Motive, die bei Schönberg später so gut passten, bei Beethoven aber die große Linie zerstörten. "Ich konnte Beethoven nicht mitsingen, nichts ist in meinem Kopf", sagte hernach ein Konzertbesucher.

Bei aller makellosen Intonation fehlte zumindest an diesem Abend den begnadeten Streichern die Affinität zum klassischen Stil. Dennoch gab es freundlichen Beifall.

Unmittelbar nach dem Konzert in Neuss brachen die vier jungen Musiker nach Korea auf - allerdings nicht zu den Olympischen Winterspielen in Pyeongchan, sondern zu drei Konzerten in Seoul und Umgebung.

(Nima)
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