Lernen im Garten Neusser Wildkräuterexpertin setzt auf „Unkraut“

Nordstadt · Pflanzen, die manchen Gärtner zur Verzweiflung treiben, sind Veronika Neumann hochwillkommen. Sie bereichert nicht nur den eigenen Speiseplan mit Wildkräutern aus dem Garten sondern vermittelt in Kursen das Wissen dazu.

 Wildkräuterexpertin Veronika Neumann kennt von jeder Pflanze in ihrem Garten den Namen – und weiß, wie sie in der Küche zu verwenden ist.

Wildkräuterexpertin Veronika Neumann kennt von jeder Pflanze in ihrem Garten den Namen – und weiß, wie sie in der Küche zu verwenden ist.

Foto: Andreas Woitschützke

Ob Quark mit Wildkräuter-Pesto, geröstete Brennessel-Samen oder Pfefferminz-ähnliche Schokolade aus dem Würzkraut Gundermann: Wer mit Veronika Neumann in ihrem großen Garten unterwegs ist, lernt dazu: Über Unkraut, das keines ist, und über Wildkräuter, die in Leckereien, Seifen oder Salben verwandelt werden können. Denn in dem 640 Quadratmeter großen Garten, den die Stadt Neuss als Grabeland verpachtet, wächst das Superfood von Veronika Neumann.

Noch vor gut zehn Jahren habe auch sie keine Ahnung von Wildkräutern gehabt, gibt Veronika Neumann zu. „Doch irgendwann wollte ich wissen: Was sind das für Unkräuter, die ich immer aus meinen Beeten reiße?“ In einem Kursus der Volkshochschule Bremen bekam sie eine Ahnung davon, wie nützlich und lecker so manches „Unkraut“ sein kann. An Wochenenden – verteilt auf Frühjahr, Sommer und Herbst – reiste sie in den Norden und ging mit anderen Teilnehmern auf Kräuterkunde. Geschlafen wurde im Tipi-Zelt.

Einfach sei es nicht, die einzelnen Wildkräuter voneinander zu unterscheiden. „Das muss man lernen“, erzählt die 56-Jährige. „Und solange die Pflanzen noch ganz klein sind, erkennt man nicht, was es ist.“ Mittlerweile weiß die Industriekauffrau ganz genau, welche Wildkräuter zu welcher Jahreszeit in ihrem Garten wachsen und wofür sie einsetzbar sind. Denn  sie hat in Köln eine Ausbildung zur Wildkräuterpädagogin gemacht. „Dafür musste ich ein Herbarium erstellen“, so Neumann. 60 unterschiedliche Pflanzen hatte sie gesammelt, getrocknet und mit einer Legende versehen. Woher sie all’ diese Informationen hat? „Stadtbücherei!“ Als Wildkräuterpädagogin  bietet sie in ihrem Garten Kurse an: Bei einem Spaziergang lernen Teilnehmer saisonale Wildkräuter kennen und bestimmen. In einem anderen Kursus wird gemeinsam gesammelt und anschließend ein vegetarisches Menü erstellt.

In ihrem heimischen Kühlschrank steht fast immer ein Kräuter-Pesto. „Es schmeckt jedes Mal anders. Je nach Jahreszeit und was gerade wächst.“ Brennessel sei aber immer drin, da es ein ganz besonders gesundes Kraut sei. „Und wenn man diese mit der Wuchsrichtung pflückt, brennen sie auch nicht“, so der Tipp von Neumann. Die sogenannte Achtsamkeitspflanze lasse sich zu Chips und Frittata verarbeiten, schmecke in Gemüse oder als Bratling. Die kleinen Samen röstet Veronika Neumann in der Pfanne. „Sie schmecken getrocknet auch gut im Müsli oder zu Bratkartoffeln.“

Brennesseln seien eine echte Nährstoffbombe, reich an Vitamin C und Mineralien. Auch über die heilende Wirkung dieser Pflanze weiß Neumann Bescheid. „Doch das ist als Wildkräuterpädagogin nicht mein Gebiet, dafür müsste ich Heilkräuterpädagogin sein. Mein Bereich ist das Kochen.“

Ob Giersch, Schafgarbe oder Gundermann – was viele Gartenbesitzer oft zur Verzweiflung treibt, weil es als Unkraut angesehen wird – findet in Neumanns Küche häufig Verwendung. Giersch rege den Stoffwechsel an, sie sehr herbe Schafgarbe bringe besondere Würze ins Essen. Und das Kraut Gundermann wird zum Dessert. Neumanns Tipp: „In flüssige Schokolade getunkt, schmeckt es wie Pfefferminz-Schokolade.“

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