Neuss Westnetz unter Strom

Neuss · Die RWE-Tochter Westnetz betreibt das Stromnetz in Neuss. Im Zuge der Energiewende wird es aber immer komplexer, das Netz für den Bedarf von morgen zu bauen.

Neuss: Westnetz unter Strom
Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Im Stromnetz gibt es keinen Herzschlag, nur ein konstantes Brummen. Es dringt aus den Transformatoren und übertönt an der Umspannanlage an der Memeler Straße sogar die Geschäftigkeit des Hafens. Die Umspannanlage sorgt dafür, dass Industriebetriebe und Haushalte mit Elektrizität versorgt werden. "Wir transformieren an dieser Stelle Strom mit einer Spannung von 110 Kilovolt auf zehn Kilovolt", sagt Peter Mathis vom Netzbetreiber Westnetz und muss gegen das Summen der Transformatoren ansprechen.

 Wolfgang Lenhart (Stadtwerke) und Peter Mathis (Westnetz, v.l.) im Mittelspannungsschalthaus.

Wolfgang Lenhart (Stadtwerke) und Peter Mathis (Westnetz, v.l.) im Mittelspannungsschalthaus.

Foto: Woi

Anders ausgedrückt: Energie wird aus der Hochspannung "runtertransformiert" in Mittelspannung, von dort weiter geleitet ins Verteilnetz. In den vielen Stromkästen wird die Spannung noch einmal auf 230 Volt reduziert und von dort in die Steckdosen der Haushalte geleitet. Klingt simpel, aber die Arbeit eines Netzbetreibers ist wesentlich komplizierter. Sie hat eben doch etwas mit einem Herzschlag zu tun: Westnetz, eine RWE-Tochter, hält den Puls des alltäglichen Lebens aufrecht, in dem es das Stromverteilnetz in Neuss und in Teilen des Rhein-Kreises auf die Anforderungen der Energiewende ausrichtet. "Die Energiewende findet lokal im Verteilnetz statt", sagt Mathis.

Neuss: Westnetz unter Strom
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Westnetz beschäftigt in seinem Regionalzentrum in Neuss, das für Kommunen vom Niederrhein bis ins Bergische zuständig ist, knapp 250 Mitarbeiter. Netzbesitzer in Neuss sind die Stadtwerke Neuss (SWN), das Know-how kommt von Westnetz. "Die Kooperation hat sich bewährt", sagt Wolfgang Lenhart, Prokurist der Stadtwerke Neuss Energie und Wasser. In Neuss ist Westnetz für 1573 Kilometer Stromnetz verantwortlich, die den Strom zu 33.321 Hausanschlüssen leiten. Im Rhein-Kreis sind es 4410 Kilometer Netzlänge und 93.614 Hausanschlüsse.

Früher war das einfach: Der Strom kam aus den Kraftwerken über die Höchst- und Hochspannungsleitungen in die Umspannstationen (allein in Neuss gibt es sieben) und lief von dort aus weiter in die Haushalte. "Heute wird Strom aber auf allen Ebenen produziert", sagt Mathis, Leiter des Neusser Regionalzentrums. "Im Netz schlägt nicht mehr das eine große Herz, sondern schlagen ganz viele kleine." Die Aufgabe eines Netzes ist deshalb nicht mehr nur, den Strom zu verteilen, sondern ihn auch einzusammeln und die Spannung aufrecht zu halten. Allein in Neuss produzieren derzeit 846 Anlagen der regenerativen Stromerzeugung mit einer Leistung von 60.000 Kilowatt Strom, die allermeisten sind Solaranlagen auf den Dächern von Wohnhäusern und Betrieben.

Um die Spannung im Netz aufrecht zu halten, muss bei Bedarf Strom zugekauft werden. Deshalb erstellt Westnetz dafür Prognosen, wann wie viel Energie gebraucht wird (schon die Pause eines Fußball-Länderspiels kann entscheidend sein) und wie viel Strom durch Wind und Sonne produziert wird. Noch anspruchsvoller ist allerdings, die Netze der Zukunft zu bauen. Der Strombedarf wird wesentlich komplizierter. Eine Wettervorhersage reicht irgendwann nicht mehr für eine konstante Versorgung. "Wir müssen Energie speichern, wo sie entsteht und abrufen können, wenn der Bedarf entsteht", sagt Mathis. "Das Netz muss intelligenter werden."

Dazu gehören Stromzähler, die nicht nur die Abnahmemenge festhalten, sondern auch die Zeitpunkte, wann wie viel Energie abgenommen und auch wieder eingespeist wird. "Mit diesen Informationen können wir den Ausbau ganz anders steuern", sagt Mathis. "Wenn alles gut läuft, werden wir das bestehende Verteilnetz mit intelligenter Technik so aufrüsten, dass wir gar nicht viel Neues bauen müssen." Die Energiewende stellt selbst Netzbetreiber unter Strom.

(NGZ)
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