Am selben Tag Geburtstag Die Lebensläufe zweier „Bänkelsänger“

Neuss · Werner Schlüter, vor 30 Jahren Schützenkönig, wird am Freitag 90, sein Zugkamerad Heiner Kaumanns 80.

 Heiner Kaumanns (l.) wird am 8. März 80 Jahre alt, sein Zugkamerad Werner Schlüter, 1989 Schützenkönig in Neuss, vollendet das 90. Lebensjahr.

Heiner Kaumanns (l.) wird am 8. März 80 Jahre alt, sein Zugkamerad Werner Schlüter, 1989 Schützenkönig in Neuss, vollendet das 90. Lebensjahr.

Foto: Woitschuetzke,Andreas (woi)

Der Schützenlustzug „Die Bänkelsänger“ machte aus Werner Schlüter und Heiner Kaumanns Freunde, doch da war eine Kleinigkeit, die ihre Beziehung von der Kameradschaft zu den anderen unterschied und immer Gegenstand kleiner Rekeleien war: der gemeinsame Geburtstag. Der 8. März. Kaumanns vollendet das 80. Lebensjahr und lässt sich von seiner Frau und den beiden Töchtern vier Tage lang in einen Überraschungsurlaub entführen, Schlüter wird 90 und feiert das mit einem „Haus der offenen Tür“ am Hubertusweg.

Nur zehn Jahre trennen beide, doch die waren entscheidend für zwei völlig unterschiedliche Lebensläufe. Schlüter, im schlesischen Breslau geboren, wurde zum Kriegsende, als seine Heimatstadt zur Festung erklärt wurde, noch als Flakhelfer eingezogen. Er verlor Heimat und Familie, landete als Teenager in Helmstedt und kam nur mit Glück an eine Lehrstelle als Goldschmied – die er annehmen musste. Alternativlos, wie man heute sagen würden. „Sonst hätte ich keine Lebensmittelmarken bekommen“, sagt er schlicht. Der in Neuss geborene Kaumanns, bei Kriegsende noch ein Kind, konnte wiederum für seine Karriere nach dem Abitur am Quirinus-Gymnasium die Möglichkeiten im Wirtschaftswunderland der jungen Bundesrepublik nutzen.

Ihren Weg machten beide. Kaumanns studierte Jura in Köln, promovierte und machte sich schon 1970, also mit 31 Jahren, als Anwalt in seiner Heimatstadt selbständig. Darüber kam er zur Immobilienbesitzervereinigung „Haus und Grund“, deren Vorsitzender er seit 31 Jahren ist und die ihn noch immer jeden Tag im Büro sieht, sowie zur Stiftung Marienberg, deren Kuratorium er seit 30 Jahren angehört.

Werner Schlüter blieb dem Beruf als Goldschmied, durch den er eher per Zufall gekommen war, treu und kam nach seinem Werkkunststudium in Krefeld nach Neuss, wo er sich ein Atelier einrichtete. In diesem entstanden Schmuck („Alles Einzelstücke“), Gerätschaften für die kirchliche Liturgie, aber auch im Auftrag von Hermann Wilhelm Thywissen jene repräsentative Amtskette, die seitdem jeder Bürgermeister zu besonderen Anlässen trägt.

Unterschiedlich verlief auch beider Schützenlaufbahn. Schlüter, der Vertriebene und Zugezogene, wurde 1988/89 Neusser Schützenkönig. Das, sagt der Neusser Kaumanns, habe er sich nicht angetan. Das nicht – aber 27 Jahre Komitee.

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