Neuss Wer redet, dem kann geholfen werden

Neuss · Rap, Poetry Slam und klassische Theaterszenen definieren das neue Tanztheaterstück "Dialog" des Vereins Kubid von Hamdi Berdid. Die Texte wurden von den sieben jungen Darsteller erarbeitet. Premiere ist morgen in der Alten Post.

Mit so viel Aktualität konnte Hamdi Berdi für sein neues Projekt gar nicht rechnen. Und wollte es auch nicht. Gut eine Woche nach dem grausamen Attentat in Paris hat sein Tanztheaterstück "Dialog" am morgigen Samstag in der Alten Post Premiere. Nicht im entferntesten hatte der Neusser an einen Terrorakt dieser Art gedacht, als er im vergangenen Jahr die Idee hatte, mit seinem Verein Kubid und einer jungen Truppe aus Christen und Muslimen ein neues Projekt für die Bühne zu kreieren, das wieder auf eigenen Texten beruht.

Mit "Kampf um Troja", "Musterkanaken" und "Alut" hat er bereits in der Vergangenheit gezeigt, wie einfach es eigentlich ist, verschiedene Menschentypen mit verschiedenen Hintergründen und auch Religionen für ein gemeinsames Ziel zu vereinen. Jede einzelne Produktion riss das Publikum von den Stühlen, begeisterte mit ihrer Musik aus Hiphop und House, mit dem Tanz und mit den Texten, die zumeist von den Darstellern selbst verfasst wurden. Es ging um eigene Befindlichkeiten und Erfahrungen, die indes nie losgelöst von der gesellschaftlichen Realität betrachtet wurden. Auch die Szenen für das neue Stück "Dialog" wurden im Team entwickelt, fußen auf eigenen Erlebnissen und haben doch eine gesellschaftsrelevante Bedeutung. Schon der Entstehungsprozess zeigt es.

"Damals beherrschte die Russland-Krise die Schlagzeilen", erzählt Hamdi Berdid von der Zeit, als die Idee zum Stück in ihm reifte. "Und ich habe einfach nur gespürt: Da läuft gerade etwas richtig schief." Dabei liegt die Ursache vieler Übel für ihn ihn darin, dass die Menschen nicht miteinander reden und einander nicht zuhören. Der Anschlag in Paris habe die Situation plötzlich verändert, sagt er. Jetzt kämen die Fragen, an ihn als Muslim, hörten die Arbeitskollegen zu, wenn er etwas erkläre.

Auch im "Dialog"-Ensemble - drei Darsteller haben deutsche, vier ausländische Wurzeln - sei in den vergangenen Tagen noch mehr diskutiert und geredet worden: "Es ist fast schon schade, dass sich diese Szenen nicht mehr in das Stück einbauen lassen." Denn Text und Ablauf stehen. Auch dank der Mitarbeit von Alte-Post-Leiter Hans Ennen-Köffers als Dramaturg und Texter, Choreographin Yeliz Pazar sowie Autor Ahmed Sukhni. "Uns war es wichtig", sagt Ennen-Köffers, "dass das Thema Kommunikation nicht auf das Persönliche eingrenzt, sondern grundsätzlich angegangen wird."

Und so hinterfragen die jungen Darsteller zwischen 18 und 23 Jahren in dem Stück auch das eigene Verhalten: Ist für ihre Generation Facebook und Twitter nicht wichtiger geworden als der persönlicher Kontakt?

Eingepackt ist alles in eine Mischung aus Rap, Poetry Slam und klassischen Theaterszenen. Das Bühnenbild besteht aus sieben Stühlen und einer Bank. "Das Stück kann jederzeit und überall gespielt werden", meint Hans Ennen-Köffers.

Zunächst aber sind erst mal vier Termine in der Alten Post angesetzt. Sie ist ebenso wie das Kulturamt Kooperationspartner des Kubid-Projekts.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort