Neuss Wenn kein Geld für die Beerdigung da ist

Neuss · Jedes Jahr übernimmt das Sozialamt in 90 Todesfällen die Kosten für die Beerdigungen. Die Anfragen steigen jedes Jahr um rund 20 Prozent.

 Pro Jahr hat das Sozialamt 20 Prozent mehr Anfragen zur Übernahme von Beerdigungskosten.

Pro Jahr hat das Sozialamt 20 Prozent mehr Anfragen zur Übernahme von Beerdigungskosten.

Foto: A. Woitschützke

Mittlerweile gibt es immer mehr Menschen, die sich die Bestattungskosten für ihre Angehörigen nicht mehr leisten können. In diesem Fall kommt das Sozialamt für die Beerdigung auf. "Wir haben rund 90 Todesfälle pro Jahr, bei denen wir die Kosten tragen", sagt Michael Kallen, stellvertretender Abteilungsleiter im Sozialamt der Stadt Neuss.

Für eine Erdbestattung übernimmt das Sozialamt 1023 Euro, für eine Feuer- oder Seebestattung 1359 Euro. Für Kinder unter zehn Jahren zahlt das Sozialamt 767 Euro. Hinzukommen die Friedhofs- und Krematoriumskosten.

Bevor jedoch das Sozialamt zahlt, sind umfangreiche Überprüfungen notwendig. So muss zunächst geklärt sein, wer die Bestattungspflicht hat. Deren Reihenfolge ist festgelegt: Zunächst der Ehepartner, dann die volljährigen Kinder, danach die Geschwister oder die volljährigen Enkel. Wer laut Gesetz für die Bestattung zu sorgen hat, muss auch zahlen. Zudem wird geprüft, ob es einen Nachlass gibt. Auch das geringste Erbe muss vorrangig für die Bestattungskosten eingesetzt werden.

Bis vor acht Jahren gab es noch das Sterbegeld im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen. 2004 wurde es von der rot-grünen Bundesregierung ersatzlos gestrichen und die finanzielle Bürde auf die Sozialämter übertragen. Seitdem steigt die Häufigkeit der Anfragen regelmäßig: "Pro Jahr haben wir rund 20 Prozent mehr Anfragen", sagt Kallen. Die Zahl der Bewilligungen bliebe jedoch konstant. Allein die Richtlinien zur sogenannten "Bestattungskostenübernahme" belaufen sich auf rund 46 Seiten, so Kallen. Insgesamt ein kompliziertes Verfahren, das sehr lange dauern kann und die Trauernden oft überfordert.

Deren Weg führt sie nicht zuerst ins Sozialamt, sondern zum Bestatter. Dort lassen sie sich beraten, suchen einen Sarg aus, besprechen den Ablauf der Zeremonie. "Erst später sagen die Betroffenen dann, dass sie das Geld vom Sozialamt bekommen", berichtet Wilfried Odenthal, Bestattermeister aus Neuss. "Dann muss ich den Trauernden sagen, dass sie der Auftraggeber sind, die Kosten zu tragen haben und möglichst bereits am nächsten Tag zum Sozialamt gehen sollten." Wenn die Betroffenen dann auch noch erführen, dass das Geld vom Sozialamt für eine komplette Beerdigung nicht ausreicht, sei der Schock besonders groß. Bis zu 800 Euro müssen die Angehörigen noch zusätzlich zahlen. Viele Bestatter würden daher schon Ratenzahlungen über einen sehr langen Zeitraum anbieten.

Sozialamtsbestattungen seien für die Bestatter in NRW ein großes Problem. Denn das Bestattungsgesetz schreibt vor, dass Verstorbene innerhalb von acht Tagen bestattet werden müssen. "Doch in dieser Zeit erhalten die Angehörigen keine Kostenübernahmezusage", sagt Odenthal. Als stellvertretender Vorsitzender des Bestatterverbandes NRW führt er daher mit einigen Kollegen Gespräche mit dem Rhein-Kreis, um das Verfahren zu verkürzen. Dafür haben Kreis und Bestatterverband eine Checkliste entwickelt. Odenthal ist zuversichtlich, dass das neue Verfahren Anfang 2013 umgesetzt werden kann.

(NGZ)
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