Neuss Wenn Glücksspiel zur Sucht wird

Neuss · Die Caritas bietet eine Therapiegruppe speziell für glücksspielsüchtige Frauen an. Denn der Anteil weiblicher Süchtiger steigt stark an. Wie es ist, spielsüchtig zu sein, erzählt Ines K. – sie ist seit früher Jugend spielsüchtig.

Die Caritas bietet eine Therapiegruppe speziell für glücksspielsüchtige Frauen an. Denn der Anteil weiblicher Süchtiger steigt stark an. Wie es ist, spielsüchtig zu sein, erzählt Ines K. — sie ist seit früher Jugend spielsüchtig.

Ines K.* hat im Leben viel verloren — Geld, Freunde, Unbeschwertheit. Mit 16 Jahren machte sie ihre ersten Erfahrungen mit dem Spielautomaten, seitdem ist die 49-jährige spielsüchtig. Doch sie hat sich Hilfe gesucht: bei einer neuen Therapiegruppe, die sich speziell an Frauen richtet. Von den Caritas gegründet, soll die Gruppe glücksspielabhängigen Frauen Raum geben, sich auszutauschen, Alternativen zum Automaten zu entdecken und der Isolation zu entkommen.

"Mit der Gruppe wollen wir erreichen, dass auch Frauen sich Hilfe suchen", erklärt Verena Verhoeven, Leiterin der Caritas-Fachstelle für Glücksspielsucht. Denn der Anteil der spielsüchtigen Frauen, erklärt sie, sei in den letzten fünf Jahren um das Dreifache gestiegen. "Wenn die Frauen unter sich sind, trauen sie sich eher, intime Gedanken und Gefühle anzusprechen."

Die Frauentherapiegruppe trifft sich einmal wöchentlich. Dann haben die Teilnehmerinnen Zeit, sich über ihr Gefühlsleben auszutauschen, über Rückfälle zu sprechen und sich Rat bei den anderen Mitgliedern zu holen. "Die Gruppe hilft mir, mich endlich wieder als Teil der Gesellschaft zu fühlen", erzählt Ines K. Damit meint sie insbesondere die Freundschaften, die sich in der Gruppe entwickelt haben.

Die 49-jährige ist aber dennoch nicht komplett gesund. "Es gibt immer wieder Rückfälle, deswegen werde ich jetzt eine stationäre Therapie beginnen." Das ist für sie schon das dritte Mal, dass sie auf diesem Wege versucht, der Sucht endgültig den Rücken zuzukehren. Aber die letzten Versuche sieht die Frau nicht als gescheitert an. "Jedes Mal habe ich etwas dazugelernt", berichtet sie. So kann die 49-Jährige inzwischen ganz offen mit ihrer Krankheit umgehen. Sowohl Familie und Freunde als auch der Arbeitgeber wissen Bescheid.

"Wir hoffen immer noch auf mehr Unterstützung seitens der Regierung", berichtet Gruppenleiterin und Suchttherapeutin Katharina Weege. "Eine besondere Gefahrenquelle sind die Spielautomaten in Gastro-Unternehmen."

Die Caritas und andere Organisationen, die mit Spielsuchterkrankten arbeiten, setzten sich dafür ein, dass der Zugang zu den süchtigmachenden Automaten erschwert wird. Ines K. wurde von einem Automaten auf einer Bowlingbahn "angefixt". "Meine Mutter parkte mich immer dort, um in Ruhe bowlen zu können", beschreibt sie die Anfänge ihrer Sucht.

Betroffene und Therapeuten sind sich darüber einig, dass gegen die Spielindustrie vorgegangen werden müsse. "In Spielhallen wird ganz bewusst darauf abgezielt, Menschen in die Sucht zu treiben", erklärt Weege. Das bestätigt auch Ines K. "Man wird umsorgt, man fühlt sich aufgehoben."

"Wir wollen mit unserem Angebot möglichst viele Frauen erreichen", sagt Weege. "Jede Hilfesuchende kann sich ohne Hemmungen an uns wenden."

Hinweis *Name geändert

(NGZ/rl)
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