Neuss Weite Wege für Hauptschüler

Neuss · Wenn der Schulausschuss heute die Auflösung der Geschwister-Scholl-Schule beschließt, brauchen 15 Viertklässler eine neue Schule. Sie haben sich bei der Hauptschule angemeldet – und brauchen jetzt dringend eine Alternative.

 Wilhelm Handke leitet die Geschwister-Scholl-Schule. Er sorgt sich um die Zukunft der Einrichtung, über die heute der Schulausschuss entscheidet.

Wilhelm Handke leitet die Geschwister-Scholl-Schule. Er sorgt sich um die Zukunft der Einrichtung, über die heute der Schulausschuss entscheidet.

Foto: woi

Wenn der Schulausschuss heute die Auflösung der Geschwister-Scholl-Schule beschließt, brauchen 15 Viertklässler eine neue Schule. Sie haben sich bei der Hauptschule angemeldet — und brauchen jetzt dringend eine Alternative.

Neuss: Weite Wege für Hauptschüler
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15 Schüler haben sich an der Geschwister-Scholl-Hauptschule angemeldet. Doch um die Schule weiterzuführen, wäre eine Mindestzahl von 18 Schülern notwendig gewesen. Die Schule steht daher vor ihrer sukzessiven Auflösung — die letztgültige Entscheidung darüber fällt heute der Schulausschuss. Er entscheidet damit auch über das Schicksal jener Schüler, die sich neu angemeldet haben und nun ohne Schulplatz dastehen.

Als Alternative bietet die Stadtverwaltung die Maximilian-Kolbe-Hauptschule in der Pomona an. Im Gegensatz zur Scholl-Schule eine Halbtagsschule, und — was für muslimische Eltern schwerer wiegen dürfte — eine katholische Bekenntnisschule, mit Pflicht zur Teilnahme am katholischen Religionsunterricht. "Es gibt noch eine weitere Schule, die Schüler aufnehmen wird", kündigt Schuldezernentin Christiane Zangs an. Aufgenommen würden Schüler auch an der Hauptschule Kaarst-Büttgen — die ist zwar 13 Kilometer von Derikum entfernt, aber dafür städtisch, also nicht religiös geprägt. Die Stadtverwaltung betrachtet diese Schülerverteilung als "bedauerlich aber notwendig", wie Zangs betont, die sich auf Vorschriften berufen kann, nachdem ein öffentliches Interesse an der Auflösung der Scholl-Hauptschule besteht, hinter dem das Interesse der Schüler und Eltern zurückstehen muss.

"Für die Schüler ist diese Umverteilung schlimm", sagt Wilhelm Handke, Schulleiter der Geschwister-Scholl-Schule. Denn die meisten neu angemeldeten Schüler seien bereits einmal abgelehnt worden, weil sie sich an Gesamtschulen beworben hatten. "Jetzt werden sie wieder abgewiesen und können im Zweifelsfall gar nicht mehr in ihrer Heimatstadt beschult werden", kritisiert Handke. Das Dilemma entsteht, weil sich die künftigen Hauptschüler nicht mehr an Real- oder Gesamtschulen anmelden dürfen, da der Anmeldeprozess vorüber ist. Daher bleiben nur Hauptschulen, von denen es in Neuss und Kaarst noch jeweils eine gibt.

Den 300 Schülern an der Geschwister-Scholl-Hauptschule sei die prekäre Lage ihrer Schule noch nicht bewusst, erzählt Handke, der seit 1972 Lehrer an der Derikumer Schule ist. Er hat sich stets um den guten Ruf seiner Schule bemüht, legt neben dem fachlichen Können auch Wert auf Anstand — betritt er eine Klasse, stehen die Schüler respektvoll auf, um ihn zu begrüßen. "Das schlechte Bild, das Hauptschulen als "Restschulen" diffamiert, stimmt einfach nicht", sagt der 65-Jährige, der aus den Auflösungsplänen schon eine persönliche Konsequenz gezogen hat: Statt in den Ruhestand zu gehen, wird der Schulleiter ein Jahr weiterarbeiten — um eine ordentliche Abwicklung seiner Schule zu garantieren.

(NGZ)
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