Neuss Was "Neuss-Amerikaner" über Trump denken

Neuss · Donald Trump wird heute 70. US-Amerikaner und Amerika-Freunde aus Neuss blicken gespannt auf die Präsidentschaftswahlen.

Donald Trump und Co. – Promis in der Politik
14 Bilder

Donald Trump und Co. – Promis in der Politik

14 Bilder
Foto: ap

Für viele hat Donald Trump schon den falschen Vornamen. Eigentlich müsse er Dagobert heißen. Schließlich war Donald in den Disney-Comics, die so sehr zur US-amerikanischen Popkultur gehören wie Coca Cola und Rock'n'Roll, immer der liebenswerte Pechvogel - und sein Onkel Dagobert der reiche und harte Milliardär. Donald Trump ist in der Tat mehr der Typ Dagobert - und inzwischen selbst ein ebenso popkulturelles wie politisches Phänomen: Mit seinen umstrittenen Äußerungen steht er im Rampenlicht, und egal, was er tut - das Licht richtet sich stets noch ein bisschen stärker auf ihn. Heute wird der Mann, der am 8. November für die Republikaner in die US-Präsidentschaftswahl zieht, 70 Jahre alt. Und wenn es nach Bill Purcell geht, soll dieser Geburtstag für den Milliardär der einzige Feiertag in diesem Jahr bleiben.

Bill Purcell, 53, ist US-Amerikaner und lebt in Neuss. Er ist Demokrat durch und durch und engagiert sich bei den "Democrats Abroad". Dabei handelt es sich um die demokratische Vereinigung stimmberechtigter US-Amerikaner, die im Ausland leben. Auch die Republikaner haben eine vergleichbare Auslandsorganisation. Im März hat Bill Purcell für seine "Democrats Abroad" die "Global Presidential Primary - Vote from Abroad", einen Teil der Vorwahlen zur Entscheidung über den künftigen US-Präsidenten, organisiert - und sein Haus kurzerhand zum Wahllokal umfunktioniert. Dass er als überzeugter Demokrat gern gegen den republikanischen Kandidaten wettert, ist klar.

US-Präsidentschaftswahl 2016: Die Debatte der Kandidaten
17 Bilder

Die Debatte der Kandidaten

17 Bilder
Foto: afp, cs/lwc

Bei Donald Trump wird Bill Purcell dann aber doch besonders deutlich. "Wo soll ich anfangen?", fragt er - und dann sprudelt es nur so aus ihm heraus. "Trump geht es nicht um unser Land", sagt Purcell. "Er nutzt die politische Bühne nur, um sich zu profilieren und seine Popularität zu steigern." Seine Äußerungen und sein Verhalten kratzen am Image Amerikas, meint Purcell, "zum Fremdschämen" sei das. Und natürlich bekomme er als gebürtiger US-Amerikaner - Purcell lebte bis zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York und verließ anschließend das Land - immer häufiger die Frage gestellt, was da eigentlich los sei in Amerika - und ob Trump tatsächlich Präsident werden könne. "Die Stimmung bei vielen Republikanern ist sehr nationalistisch - auch aus Angst vor Terroranschlägen", sagt Purcell dann. "Trump benutzt diese Angst für seine Ziele." Das mache ihn stark.

Ebenfalls eine klare Meinung zu Donald Trump hat Thomas Schommers. Der 43-Jährige ist Präsident der Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft Neuss - und stellt direkt klar, dass er sich in dieser Funktion nicht politisch äußern wird. "Die Deutsch-Amerikanische Gesellschaft ist nicht politisch aktiv", betont er. Man bleibe daher ganz diplomatisch Beobachter. Eines habe man schon festgestellt: Das Interesse sei wesentlich größer als bei den vorangegangenen Präsidentschaftswahlen.

Rein privat aber hat Thomas Schommers sehr wohl eine Meinung - und zwar nicht nur zu Trump, sondern auch zu Hillary Clinton. Der Neusser, dessen Ehefrau aus Memphis (Tennessee) stammt, sieht beide Kandidaten kritisch. Trumps Äußerungen und Ansichten entsprächen nicht seinem Weltbild. Aber auch über Hillary Clinton liege ein Schatten, zum Beispiel der Whitewater-Skandal aus der Zeit, als Bill Clinton Gouverneur von Arkansas war. Und dann sei da ja auch noch Hillarys E-Mail-Affäre aus ihrer Zeit als Außenministerin. "Es ist keine leichte Zeit für die Amerikaner", sagt Schommers. Er kennt Anhänger beider Lager - zum Beispiel auch über die Städtepartnerschaft mit St. Paul (Minnesota). Aus Gesprächen weiß er, dass es neben glühenden Verfechtern Trumps und Clintons auch viele Amerikaner gibt, die sich die Frage stellen, welcher Kandidat am wenigsten schädlich für das Land sei. Clinton ist 68 Jahre alt, Trump wird 70. Beide sollen die Zukunft Amerikas gestalten.

Donald Trump soll zu seinem Biografen Michael D'Antonio einmal gesagt haben: "Ich habe für mich selbst ein Comicbuch geschrieben, und das Leben darin gefällt mir sehr gut." Er heißt darin wohl immer noch Donald, nicht Dagobert.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort