Neuss Was Chefs wissen müssen

Neuss · Interview Jürgen Weibler ist Professor der Fernuniversität Hagen und Autor des Standardwerks "Personalführung". Im Regionalzentrum Neuss erläutert er, was gute Führungsqualitäten sind.

 Jürgen Weibler ist anerkannter Experte beim Thema Personalführung.

Jürgen Weibler ist anerkannter Experte beim Thema Personalführung.

Foto: berns

Herr Professor Weibler, was macht einen guten Chef aus?

Jürgen Weibler Zunächst muss er von seinen Mitarbeitern als Führungsfigur anerkannt werden. Folgen sie ihm, ist er in ihren Augen ein guter Chef. Integrität und Gerechtigkeit sind zentral.

Im Rhein-Kreis dominiert der Mittelstand. Oft mit dem "Chef alten Schlags", der alle Zügel in der Hand hält. Ist das noch zeitgemäß?

Weibler Autoritäre Führung ist nicht per se schlecht, das kommt auf das Unternehmen und die Art der Aufgabe an. Chefs müssen Entscheidungen treffen, auch mal über den Kopf der Mitarbeiter hinweg, wenn das nötig ist. Allerdings sollte es für die Angestellten immer die Möglichkeit geben, ihre Meinung zu äußern. Spätestens im Nachgang sollte man die die Entscheidung erklären. Ist das nicht der Fall, handelt es sich um eine patriarchalische, bevormundende Führung, und die ist kontraproduktiv.

Brauchen die Menschen Hierarchie?

Weibler Sie hat auch große Vorteile. Nicht jede Idee kann ausdiskutiert werden. Unternehmen stehen heute mehr denn je unter Zeitdruck. Nicht immer wird die beste Lösung gefunden, aber es muss eine Entscheidung getroffen werden. Und das macht in letzter Verantwortung der Chef, insbesondere, wenn er einen Informationsvorsprung hat.

Wie können Firmenchefs überprüfen, wie gut sie arbeiten?

Weibler In großen Unternehmen wird das mit Mitarbeiterbefragungen bereits gemacht, aber auch in kleinen Betrieben können Chefs ihre Arbeit überprüfen. Und zwar immer dann, wenn sie ihren Angestellten Aufgaben stellen. Gerade in schwierigen Situation zeigt sich, ob die Mitarbeiter ihn oder sie bereitwillig unterstützen. Wenn der Chef merkt, dass er immer wieder auf Widerstand stößt, ist es um seine Führungsqualitäten nicht zum Besten bestellt.

Gearbeitet wird heute oft im Team – geht das nicht auch ohne Aufsicht?

Weibler Damit beschäftigt sich die Forschung unter anderem in der Substitutionstheorie der Führung. Die Frage dabei ist, ob eine Führungsposition immer formal besetzt sein muss. Gerade beim Teamwork kann Führung wechselhaft sein, so kann jeder seine Stärken abwechselnd einsetzen. Was sich zeigt ist, dass dies vor allem mit sehr gut qualifizierten Mitarbeitern funktioniert, die vorher klare Ziele definiert haben.

Im Handwerk wird nach dem Vater meist der Sohn zum Chef. Wie bewerten Sie diesen Automatismus?

Weibler Das macht nur Sinn, wenn die Tochter oder der Sohn auch entsprechend qualifiziert ist. Schließlich ist das Handwerk keine Monarchie. Die Leitung eines Geschäfts sollte der am besten geeignete Kandidat – beziehungsweise Kandidatin – übernehmen. Das heißt ja nicht, dass die Kinder nicht auch Verantwortung im Unternehmen übernehmen können.

Hanna Koch führte das Gespräch.

(NGZ)
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