Neuss Von Klüngelei zur Korruption

Neuss · Der Korruptionsfall im städtischen Gebäudemanagement – ein Einzelfall? Die NGZ hat sich mit einem langjährigen Unternehmer getroffen, und mit ihm gesprochen über gute Beziehungen, Klüngelei und Korruption.

 Lange Jahre hat Heiner Schmitz (Name geändert) Unternehmen geleitet, war international tätig. Klüngelei und Korruption seien kein Einzelfall, erzählt der Ex-Manager, hier im Gespräch mit NGZ-Redakteurin Hanna Koch.

Lange Jahre hat Heiner Schmitz (Name geändert) Unternehmen geleitet, war international tätig. Klüngelei und Korruption seien kein Einzelfall, erzählt der Ex-Manager, hier im Gespräch mit NGZ-Redakteurin Hanna Koch.

Foto: woi

Der Korruptionsfall im städtischen Gebäudemanagement — ein Einzelfall? Die NGZ hat sich mit einem langjährigen Unternehmer getroffen, und mit ihm gesprochen über gute Beziehungen, Klüngelei und Korruption.

Der Korruptionsfall im Neusser Rathaus, er macht nachdenklich darüber, wie bestechlich Menschen eigentlich sind, wie viel es braucht, einen Angestellten — ob im öffentlichen Dienst oder in der freien Wirtschaft — dazu zu bringen, Aufträge nicht an den Besten, sondern an den Meistbietenden zu vergeben.

Nachdenklich geworden ist auch Heiner Schmitz*. Der Neusser Unternehmer weiß, wie man Firmen Vorteile verschafft. Denn während seiner Karriere als Unternehmer war er stets treibende Kraft darin, Kontakte aufzubauen. Und der Schritt, von guten Beziehungen über Klüngelei zu Korruption zu kommen, sei nicht groß, berichtet der 75-Jährige.

Mit seiner Firma wurde Schmitz einst selbst Opfer eines korrupten Beamten, der versuchte, ihn unter Druck zu setzen, weil angeblich Bauvorschriften nicht eingehalten worden seien. Gegenleistung für das "Übersehen" des Mangels: Schmitz sollte ein technisches Gerät gratis liefern. Der Korruptionsversuch scheiterte, Schmitz zeigte den Mann an. "Gerade im Staatsdienst haben die Angestellten sehr viel Macht", meint Schmitz. Denn wenn es um Genehmigungen geht, können Verzögerungen für Unternehmen sehr teuer werden. "Dann wird gezahlt", sagt Schmitz, der aber auch die andere Seite kennt. Auch er habe stets versucht, für seine Firma geldwerte Vorteile herauszuschlagen. Dann gelte es, wie bei dem Neusser Fall, an einen Entscheider heranzutreten, um Einflussmöglichkeiten auszuloten. "Die Grenze der Legalität ist dann schnell erreicht", sagt Schmitz. Dabei sieht er darin, Beziehungen aufzubauen, zu "klüngeln" wo es möglich ist, auch ein unternehmerisches Talent. "Man muss sich und sein Produkt gut verkaufen können", sagt der Ex-Manager. Neuss sei im Grunde eine "Klüngel-Stadt" — schließlich ist es in dieser Stadt besondere Pflicht, Mitglied bei den Neusser Schützen zu sein.

Gerade für lokal agierende Mittelständler sei das fast der einzige Weg, Beziehungen aufzubauen. "Alternative ist höchstens ein Sportverein", sagt Schmitz. Über das Klüngeln sei schon so mancher Arbeitsplatz vermittelt worden — unfair gegenüber Mitbewerbern, aber effektiv und zeitsparend für den Arbeitgeber. Den Schritt von der Klüngelei zur Korruption sieht Schmitz dort, wo gegenseitige Abhängigkeiten entstehen. Das mache erpressbar, schaffe Unsicherheiten und behindere den freien Markt. Und zwar insbesondere dann, wenn Großkonzerne Einfluss nehmen. Misstrauisch werden sollte man, wenn Staatsbedienstete plötzlich hohe Posten in Vorständen von Unternehmen annehmen. "Das kommt bei uns viel zu oft vor", meint Schmitz.

Hinweis *Name geändert.

(NGZ)
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