Oettinger-Brauerei Volumen für Wachstum

Oettinger-Brauerei · Von Christoph Kleinau

Von Christoph Kleinau

Die Oettinger-Brauerei hat sich zum größten Brauer Deutschlands gemausert. Nun will sie in Nordrhein-Westfalen weiter wachsen. Dazu benötigt sie Spezialtanks, die Schwertransporter vom Hafen aus über Land lieferten.

Vom Neusser Hafen brachten in der Nacht zum Dienstag zwei Schwertransporter Vorratstanks zur Oettinger-Brauerei nach Mönchengladbach. Der bayerische Brauer am Niederrhein will in NRW weiter wachsen. NGZ-Fotos: L. Berns

37,20 Meter lang, 5,80 Meter hoch, 5,70 Meter breit und 72 Tonnen schwer: Wer eine solche Fracht vom Hafen aus Richtung Westen durch Neuss bugsieren muss, dem steht längst nicht jeder Weg offen. Genau genommen, so fasst Toni Keller das Ergebnis etlicher Erkundungen zusammen, führt nur ein Weg hinaus. "Und den", so schimpft der Transportleiter einer Stuttgarter Spedition, "hätten uns fast zehn Bäume kaputt gemacht." Fast. Denn in der Nacht zum Dienstag konnten die beiden von ihm dirigierten Kolosse noch einmal durch dieses Nadelöhr, das eine mit Bäumen bepflanzte Mittelinsel auf der Viersener Straße bildete, schlüpfen. Ganz ohne Vaseline.

Dienstagmorgen, 0.30 Uhr. Am Hafenbecken I setzt sich ein Transport der XXL-Klasse in Bewegung. Bestimmungsort: Die Oettinger-Brauerei in Mönchengladbach. Ladung: Zwei Gär- und Vorratstanks mit einem Fassungsvermögen von 3845 Hektolitern, umgerechnet 770 000 Flaschen. Die sollen, so erklärt später Karl Liebl, technischer Leiter der bayerischen Brauerei, die Produktionskapazitäten am Standort Niederrhein erhöhen. "Nordrhein-Westfalen ist für uns ein Wachstumsmarkt", betont Liebl.

Dabei ist Oettinger nicht nur das "national preiswerteste Markenbier", wie die Firma propagiert, sondern schon jetzt das meistverkaufte Bier Deutschlands. Mit 6,4 Millionen Hektolitern Jahresausstoß in 2004 und einer jährlichen Zuwachsrate von zuletzt 23 Prozent ließ der Brauer aus der bayerischen Provinz die Premium-Marken hinter sich. Ohne Werbung klammheimlich zur Nummer eins aufgestiegen - ein überschäumender Erfolg.

Bis zum Hafenkai war der Weg, den die Großbehälter von einer Fabrik in Baden-Württemberg genommen haben, problemlos. Bis zu diesem Punkt sorgte ein Frachter für den Transport rheinabwärts. Doch hinter dem Hafen fangen die Probleme an: Schilder, Ampeln, Leitungen, Bäume und - die Autobahn 57. Die eigentliche Herausforderung auf dieser nächtlichen Tour.

Als die Polizei zur Absicherung der Strecke auftaucht, hat ein Kran die beiden Tanks schon vom Schiff auf die Schwertransporter verladen. Die werden von zwei Fahrern gleichzeitig gelenkt, erklärt Keller. "Einer fährt die Zugmaschine, einer steuert den Anhänger." Das geht nur von hinten, von einem Trittbrett am Ende des Nachläufers aus.

Den Weg durch die nächtliche Stadt bahnen zwei Speditionsmitarbeiter, die in Windeseile alle Hindernisse aus dem Weg räumen. Sobald die Kolosse durch sind, bringen drei andere Kollegen alles wieder in Ordnung. So geht es über Batteriestraße, Rheintorstraße, Düsseldorfer Straße, weiter über Römer Straße und Kaarster Straße. Stück für Stück auf die Autobahn zu.

An der Viersener Straße wird es erstmals wirklich eng. Die Bäume auf der Mittelinsel, deren Rinde mit Brettern geschützt wurden, verlangen den aufeinander eingespielten Fahrern vorne und hinten Millimeterarbeit ab. "Wenn die Bäume nur etwas dicker werden, ist hier kein Durchkommen mehr", schimpft Keller. "Dann können sie den Hafen für Schwertransporte dieser Art sperren."

Doch einmal noch geht alles glatt, und der Autobahndamm kommt in Sicht. Die Neusser Streifenwagen drehen ab, jetzt ist die Autobahnpolizei am Drücker. Die hat die A 57 zu dieser Schlafenszeit schon gesperrt, denn mit 5,80 Metern Höhe sind die Tanks keinesfalls durch die Brückendurchfahrt zu bugsieren. Auch mit Vaseline nicht. Der Weg kann also nur quer über die Autobahn führen.

Die Leitplanken in Auf- und Abfahrt sind schon weg, in der Mittelleitplanken zwischen den Fahrbahnen tut sich eine große Lücke auf. Dahinter im Dunkeln. Bis zum Ziel sind es da noch zweieinhalb Stunden. Vier Uhr früh erst ist Schichtende.

INFO: Bayern brauen Alt am Niederrhein Die Oettinger-Brauerei kaufte vor zwei Jahren der dänischen Carlsberg-Gruppe (Hannen-Alt, Gatzweiler, Tuborg und Carlsberg) die Produktionsstätte der Hannen-Brauerei in Mönchengladbach ab. Ziel war, mit dieser fünften Produktionsstätte in Deutschland weiter zu expandieren. Auch sollte kurz vor Einführung der Lkw-Maut eine logistische Lücke geschlossen werden. Denn Oettinger kommt ohne Zwischenhändler aus, beliefert mit eigener Flotte die Märkte direkt. Nun will der Bayer am Niederrhein weiter wachsen. Neben eigenen Bieren braut Oettinger weiterhin aber Altbier für die Carlsberg-Gruppe. Tuborg und Carlsberg allerdings werden, seit Carlsberg Holsten schluckte, in Hamburg, hergestellt.

(NGZ)
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