Neuss Vier Künstler spielen mit der Perspektive

Neuss · In seiner vierten Ausstellung zeigt der Verein "Wurzeln und Flügel" unter Federführung von Beate Düsterberg in Selikum die Arbeiten von vier Künstlern: Mary Bauermeister, David Czupryn, Stephen Cone Weeks und Karl Albert.

Manchmal fügen sich die Dinge einfach. Vor vielen Jahren schon hat Beate Düsterberg aus Begeisterung für die Kunst der Mary Bauermeister eine Arbeit von ihr gekauft, den Kontakt zu der Künstlerin bekommen, über die Jahre auch gehalten und nun wieder mit ihr telefoniert, als sie die neue Ausstellung des Vereins "Wurzeln und Flügel" auf Schloss Reuschenberg konzipierte.

"Sie war sofort einverstanden, ihre Arbeiten bei uns zu zeigen", sagt die Goldschmiedin in einer Mischung aus Lachen und Verwunderung. Und so kommt es, dass zum 80. Geburtstag der heute in Rösrath bei Köln lebenden Künstlerin rund 50 Arbeiten in Neuss zu sehen sind.

Geschichten über das Leben der 80-Jährigen gibt es viele. Sie lebte lange Zeit mit dem Komponisten Karl-Heinz Stockhausen in einer Beziehung zu dritt (war auch mit ihm verheiratet), verbrachte eine intensive Hippie-Zeit in den USA - und hatte damals auf dem Kunstmarkt in New York ihre ersten großen Erfolge. Das Museum Ludwig in Köln widmete ihr schon eine Retrospektive, das Schweriner Museum einen permanenten Kunstraum.

An Platz mangelt es auch in den Räumen der ehemaligen Landfrauen-Schule am Schloss nicht, so dass Beate Düsterberg zu Bauermeister noch drei weitere Künstler eingeladen hat, die aktuelle Ausstellung mit dem Titel "transparent - durchsichtig" zu bestücken und dennoch jeder genug Raum bekommt. Alle verbindet das Spiel mit der Wahrnehmung.

Wenn auch auf völlig unterschiedliche Weise fordern Bauermeister, die Maler David Czupryn, Stephen Cone Weeks und Karl Albrecht mit ihren Arbeiten den Betrachter zur Bewegung heraus, zu Erforschung selbst der kleinsten Veränderungen, die etwa ein anderer Lichteinfall provoziert.

Mary Bauermeister baut in kleinen (oder auch größeren) Kästen ganze Welten aus Glaskuppeln und -säulen, aus Prismen, Lupen und Linsen, aus Schrift und Zeichnung. Der Stift - zumeist mit bunter Spitze - ist allgegenwärtig. Zeit muss man mitbringen, denn die Neugier, alles bis ins Detail zu betrachten und erforschen, kommt fast automatisch. Und das trifft auf alle Arbeiten zu - auf die Linsenkästen und Skulpturen ebenso wie auf die Zeichnungen und (vermeintlich) "Chaotischen Steinbilder", die zudem alle zusammen einen Überblick über ein mehr als 50 Jahre dauerndes künstlerisches Schaffen geben.

Die Ölmalerei des jungen Düsseldorfers David Czupryn aus der Meisterklasse von Georg Herold zeigt eine gänzlich andere Bildsprache, aber fasziniert nicht minder. Geradezu meisterlich entwirft er kuriose Welten auf Holz und Marmor, deren genaue Muster wie Fotografien anmuten. Er schafft dabei eine Tiefe, die manche Blume zum Greifen nah bringt.

Stephen Cone Weeks - er lebt ebenfalls in Düsseldorf - nutzt als Bildträger Glasplatten. Oftmals setzt er für ein Bild mehrere hintereinander, gibt seiner Arbeit damit auch im übertragenen Sinn eine Mehrschichtigkeit, die voller Entdeckungen steckt. Plötzlich sieht man in einem wild wogenden Meer aus Strukturen und Farben einen Vogel, eine Gans oder ein Kinderspielzeug.

Mit Karl Alberts Bildern hingegen öffnet sich eine Welt voll schillernder Regenbogenfarben, Glitzer und Glimmer. Der Münchner verarbeitet Industriematerial in seinen Werken, die in ihrer Ornamentik manches Mal an einen Gustav Klimt erinnern. Bei ihm wie bei den anderen Künstlern der Ausstellung fasziniert die immer neue Wirkung, die jedes Bild bei einer kleiner Bewegung des Kopfes, bei jedem Sonnenstrahl, der einfällt, bekommt. Klingt kitschig? Ist es nicht die Spur!

(NGZ)
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