Neuss Videotheken kämpfen gegen Online-Konkurrenz

Neuss · Auch in Neuss haben es die Verleihe schwer. Personal wurde abgebaut. Aufgeben wollen die Betreiber gegen Netflix und Co. aber nicht.

 Die Auswahl in den Neusser Videotheken ist groß, hier im "Video Buster". Bluray-Filme bieten einen Wettbewerbsvorteilgegenüber Online-Portalen. foto: woi.

Die Auswahl in den Neusser Videotheken ist groß, hier im "Video Buster". Bluray-Filme bieten einen Wettbewerbsvorteilgegenüber Online-Portalen. foto: woi.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Ein gemütlicher Abend auf der Couch mit einem Film - wer das noch vor wenigen Jahren wollte, kam kaum an den Videotheken vorbei. Doch die scheinen im Internet-Zeitalter nicht mehr nötig zu sein. Online-Portale wie Netflix, Maxdome oder Watchever sind rund um die Uhr abrufbar. "Video on Demand" heißt das Stichwort: Filme, wann der Kunde will - in schier unbegrenzter Auswahl, da in digitalem Format. Zwölf Millionen Nutzer zählt dieses Segment bereits.

Auf der anderen Seite berichtet Sigmund Lex, der seit Juni im Auftrag der Firma "Video Games and Domains" das "Video Center" an der Brandgasse betreibt, von Umsatzeinbußen um bis zu 40 Prozent in den vergangenen zehn Jahren. "Die Mixtur aus Raubkopien und Internetanbietern richtet großen Schaden an", sagt er. Die nächsten Jahre überleben könne nur, wer "auf die Kunden zugeht, Service und Beratung bietet", so Lex.

Ein neues Marketingkonzept ist derzeit in Planung. Mit der Übernahme der Filiale durch seine Firma seien Verkleinerungen verbunden gewesen, sowohl bei Ladenfläche als auch beim Personal - reduziert wurde von einst 24 auf acht Mitarbeiter. Langfristigen Erfolg für Netflix sieht er noch nicht: "Die stützen sich zu 80 Prozent auf Serien, man findet dort keine Blockbuster wie bei uns."

Auch Michael Heiter, der neben acht anderen Videotheken in Deutschland den "Video Buster" an der Jülicher Landstraße betreibt, relativiert den Boom um die Online-Portale. "Es heißt, der Markt ist wachsend. Aber von vier auf acht Prozent - das ist schon ein sehr niedriges Niveau." 92 Prozent der Umsätze im Filmverleih würden noch mit physischen Datenträgern erzielt. Insbesondere das Portal Netflix, das die Mitbewerber aufgeschreckt hat, habe "auf dem amerikanischen Markt gewildert". In Deutschland sei der Markt mit einem allgemeinfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk allerdings schwieriger. Die Börse gibt Heiter recht: Weil sich weniger Neukunden als erwartet auf Netflix registriert haben, ist der Aktienkurs des Unternehmens Mitte Oktober unmittelbar nach dem Börsengang um 25 Prozent eingebrochen.

Ein Grund für den Betriebswirt, Ruhe zu bewahren. Er glaubt an seine Branche, hat sich in Neuss erst in diesem Jahr vergrößert. "Man muss dem modernen Kunden schon etwas bieten. Wir haben Parkplätze, eine gute Lage und ich will da noch fünf Jahre überleben", sagt er. Janine Ratering (31) gibt zu, dass sie "PC-mäßig nicht so fit" ist und deswegen lieber einen Laden aufsucht. Es gibt also noch Stammkunden, wie auch Abu Heyer (35). Internetfilme hätten oft eine "schlechte Qualität", sagt er. Illegales Downloaden findet er "unmoralisch".

Besonders gefragt sind Bluray-Filme. Jedoch geht die Geräteentwicklung hin zu Tablets und immer kleineren Notebooks. "Die Gefahr besteht, dass irgendwann nicht mehr genügend Haushalte über Abspielgeräte verfügen", sagt Volker Gehrau, Professor für Kommunikationswissenschaft in Münster. Wenn Netflix und Co. nach und nach ein "anständiges Angebot" aufbauten, hätten diese Portale die Argumente in der Kontroverse "Videothek gegen Mediathek" auf ihrer Seite.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort