Unternehmen Mit Ideen Food & More Versuchsküche für Innovatives
Neuss · Sie sorgt dafür, dass den Kunden schmeckt, was große Lebensmittelunternehmen auf die Teller bringen: Karin Tischer forscht mit ihrer Firma food & more nach den neuesten Koch-Trends.
Ganz bescheiden mit einem Schreibtisch in ihrem Wohnzimmer fing alles an, als Karin Tischer sich vor 16 Jahren selbständig machte. Mittlerweile residiert sie mit ihrem Unternehmen food & more in einer Landhausvilla mit großer Versuchsküche in Kaarst. "Anfangs war die Kundenakquise die härteste Aufgabe", erzählt die 46-Jährige. "Aber heute sind wir europaweit die gefragtesten unabhängigen Trendforscher im Bereich Lebensmittel und Getränke."
Einer ihrer ersten Kunden war Barilla, bekannt für seine Pasta und Saucen. "Deren Problem war früher, dass ihre Pasta-Saucen nicht gut liefen", sagt Tischer und ging den Ursachen auf den Grund. Während Italiener Pasta mit relativ wenig Sauce essen, liebt der Deutsche Nudeln mit viel Sauce. "Doch die damaligen Barilla-Saucen waren überwürzt, wenn die Nudeln mit so viel Sauce bedeckt waren", stellte Tischer fest und entwickelte neue Rezepturen. "Heute produziert Barilla die erfolgreichsten Pasta-Saucen."
Rund 250 nationale und internationale Unternehmen aus dem Bereich der Lebensmittel- und Getränkeindustrie zählen zu ihren Kunden. Deren Aufträge sind unterschiedlichster Art: Das eine Unternehmen fordert ihre Unterstützung bei der Produktentwicklung, ein anderes lässt von Tischer untersuchen, warum ein Produkt auf dem Markt floppt und wieder ein anderes benötigt wissenschaftliche Expertise, welche Produkte in Zukunft der Renner sein werden.
Tischers Unternehmen lebt von Verschwiegenheit. Deshalb nennt die Diplom-Oecotrophologin auch selten die Namen der Unternehmen, für die sie arbeitet. Es gibt aber Ausnahmen und dann erzählt sie, dass food & more ein neues Tiefkühlprodukt für Iglo entwickelt und für McDonald's Produktideen für eine Aktionswoche geliefert hat.
Die Firma food & more basiert auf drei Säulen: Schwerpunkt ist das Forschungs- und Entwicklungsinstitut, die beiden anderen Bereiche sind Beratung und Marketing. Um diesen Full-Service bieten zu können, gibt es unter den Mitarbeitern ganz unterschiedliche Berufe. Darunter sind Oecotrophologen, Lebensmitteltechnologen, Lebensmittelchemiker und Gastronomen ebenso wie Metzger, Bäcker und Diätassistenten, aber auch Marktforscher und Grafikdesigner.
Trend- und Zukunftsforschung
Einmal im Jahr begibt sich Karin Tischer auf große Reise zur Trendforschung. Dieses Jahr war sie in den USA und Kanada, davor in Indien, im Libanon, in China und quer durch Europa.
Dem Trend zu "double-mixes" kam sie in Indien auf die Spur. Ungewöhnliche Gewürzmischungen wie Mango-Chili-Chutney oder Zitronen-Pfeffer sind heute in vielen deutschen Gerichten zu finden. Im Libanon wandelte sie auf den Spuren von Granatapfel, Rosenöl und Nüssen. "Das ist kein Erholungsurlaub", sagt sie.
Für jede Reise werden internationale Studien analysiert und akribische Pläne aufgestellt. Tischer: "Denn manchmal finden wir in abgelegenen Bergdörfern die Trends der Zukunft." Höchste Backkultur
Ein Trend, der in Deutschland bereits angekommen ist und sich zunehmend verbreitet, sind die "bread-based-Konzepte". "Das Handwerk, dem die Menschen am meisten vertrauen, ist das Bäckerhandwerk", erklärt Tischer. Dies haben ihre wissenschaftlichen Studien belegt. Deutschlands Backwaren sind top: "Wir haben weltweit die höchste Back- und Kochkultur." Und die Deutschen wissen deutsches Brot wieder richtig zu schätzen. Mittlerweile gibt es sogar Brot-Restaurants. Dort wird beispielsweise Suppe in Brottassen serviert — ausgehöhltes Brot, aus dem die Suppe nicht ausläuft, aber alles essbar, regional und heimisch ist.
