Neuss Vergabe vor Gericht

Neuss · Neuss In der Vergangenheit waren Gerichtstage oft der Anlass für Jahrmärkte. In der Gegenwart dagegen schafft der Zugang zum Jahrmarkt Anlass für Gerichtstage.

 Janine, Saskia und Katharina haben in Reuschenberg ihre Volksfest-Saison eröffnet. Und sie haben mehr Anlass zur Freude als die Schausteller in Region und Land.

Janine, Saskia und Katharina haben in Reuschenberg ihre Volksfest-Saison eröffnet. Und sie haben mehr Anlass zur Freude als die Schausteller in Region und Land.

Foto: Hans Jazyk

Denn seit sich ein Schausteller im Spätsommer 2007 beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen erfolgreich einen Platz auf der Cranger Kirmes in Herne erstreiten konnte, plagt viele Schausteller die Sorge, dass ihre Saisonplanung auf tönernen Füßen stehen könnte.

"Wir haben Sorgen genug", erklärt Luise Schliebs, die Vorsitzende des Vereins reisender Schausteller Neuss-Grevenbroich, mit Blick auf die im Schneegestöber der Reuschenberger Osterkirmes gestartete Saison. "Da brauchen wir nicht auch noch so etwas."

Mit Befriedigung hat Schliebs deshalb zur Kenntnis genommen, dass der seinerzeit spontane Protestmarsch in Crange, dem sie sich auch angeschlossen hatte ("So kann es doch nicht gehen!") und ein Schreiben des Bundes deutscher Schausteller an die Landesregierung Wirkung gezeigt haben.

Noch im April und damit vor der eigentlichen Saison wird sich der Bund-Länder-Ausschuss "Gewerberecht" mit dem Thema Vergabe von Standplätzen auf Jahrmärkten und Volksfesten beschäftigen und Vorschläge erarbeiten, wie Kirmesveranstalter für sich und "ihre" Schausteller Rechtssicherheit schaffen können. Dabei wäre - glaubt man Luise Schliebs - alles ganz einfach: "Was wir in Neuss praktizieren, sollte man anderen Städten als Vorbild an die Hand geben." Und das wäre?

Uwe Neumann, Abteilungsleiter im Bürger- und Ordnungsamt, kann sich erklären, warum es in Neuss keine Klageverfahren abgewiesener Bewerber gibt: "Die Mischung machts." Und klare Kriterien, mit denen die Verwaltung notfalls auch vor Gericht erklären kann, warum dieser oder jener Schausteller steht, wo er steht. Und andere eben nicht.

Bekannte und bewährte Schausteller, die zum Teil schon Jahrzehnte die Neusser Kirmesplätze beschicken, machen den Stamm aus. Schausteller, so Neumann, von denen letztlich auch bekannt ist, wie sie ihr Geschäft führen, den Platz gestalten oder das Publikum behandeln. Hinzu kommen Neuerungen, die beim Neusser Schützenfest die Größenordnung von 15 Prozent der Betriebeinsgesamt annehmen wird.

Bei jeder Zusage sei entscheidend, so Neumann, dass die Kirmes in der Summe attraktiv ist. Von Los-, Prioritäts- oder Rotationsverfahren, die im Zusammenhang mit der Vergabe auch diskutiert wurden, hält er deshalb nichts - und kann sich in diesem Punkt eins wissen mit dem Ergebnis eines Fachsymposium, das der Landeswirtschaftsminister zu diesem Thema angestrengt hatte.

Zur Kompetenz der Veranstalter, die ihre Entscheidungen plausibel erklären können, wünscht sich Schliebs die gleiche Kompetenz bei den Entscheidern im Gericht. Die habe in dem Cranger Fall gefehlt. Schliebs: "Dem Eilantrag wurde stattgegeben, als der Aufbau schon lief." Ein Schausteller, der einen Vertrag hatte und diesen hätte erfüllen müssen, musste abreisen. Schliebs: "Das hatte eine große Unsicherheit bei den Kollegen zur Folge."

(NGZ)
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