2005 kauften Neusser das Geburtshaus des Papstes Neuss und Papst Benedikt XVI. – eine besondere Beziehung
Neuss · Neuss trauert um den emeritierten Papst Benedikt XVI. Viele Menschen in der Stadt haben eine besondere Beziehung zu dem langjährigen Oberhaupt der katholischen Kirche. 2005 kaufte eine Stiftung auf Initiative aus Neuss das Geburtshaus Ratzingers in Marktl am Inn. Was Neuss und Benedikt XVI. verbindet.

Auf Initiative aus Neuss kaufte eine Stiftung 2005 das Geburtshaus des an Silvester 2022 verstorbenen eremitierten Papstes Benedikt XVI. in Marktl am Inn. Joseph Ratzinger hatte in den 1960er Jahren eng mit dem aus Neuss stammenden Kardinal Josef Frings (Foto unten, rechts) zusammengearbeitet.
Foto: dpaIn den 1960er Jahren war Joseph Ratzinger enger Vertrauter und Berater des aus Neuss stammenden Kölner Kardinals Josef Frings (1887-1978). Frings, mit der Neusser Unternehmer-Dynastie Werhahn verwandt, gehörte zu den einflussreichsten Kardinälen seiner Zeit und hatte sich den damaligen Bonner Theologieprofessor Joseph Ratzinger als Berater für das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) geholt.
Nach Auffassung von Beobachtern hat diese Zusammenarbeit den weiteren Lebensweg Ratzingers maßgeblich geprägt: „Damals betrat er erstmals die Bühne der Weltkirche.“ Vor diesem Hintergrund wurden von Neusser Bürgern Initiativen gestartet, Papst Benedikt XVI. während seines Besuchs des Kölner Weltjugendtages 2005 auch für einen Abstecher in die Heimatstadt von Josef Frings zu gewinnen. Dieser Versuch war zwar nicht von Erfolg gekrönt; doch der Gedanke, „die Zusammenarbeit zweier außergewöhnlicher Persönlichkeiten“ zu dokumentieren, blieb. Daraus entstand noch im selben Jahr die Idee, das Papst-Geburtshaus in Marktl am Inn im oberbayerischen Landkreis Altötting vor einer kommerziellen Vermarktung zu schützen und zu einem „musealen Ort der Begegnung“ zu entwickeln.
Die Hauptgeldgeber, die den Kauf des Geburtshauses von Joseph Ratzinger durch eine ermöglichten, stammen aus dem „Umkreis“ der Familie des Neusser Ehrenbürgers Josef Kardinal Frings.
Dass die auf Initiative aus Neuss hin neu gegründete katholische „Stiftung Geburtshaus Papst Benedikt XVI.“ das Haus erwerben konnte, war nicht selbstverständlich: An einem von einer Münchener Immobilienmaklerin ausgeschriebenen geschlossenen Bieterverfahren beteiligten sich damals über 450 Interessenten; dreißig kamen in die engere Wahl. Die Gebote sollen sich zwischen zwei und fünf Millionen Euro bewegt haben.
Den Zuschlag bekam letztlich die neue Stiftung, die „nicht das finanziell höchste, wohl aber offenbar das überzeugendste Angebot“ unterbreitet hatte. Laut Medienberichten lag der Kaufpreis bei 3,5 Millionen Euro. Die Vertragspartner vereinbarten Stillschweigen. Nur so viel wurde bekannt: Die Summe bewegt sich im „unteren einstelligen Millionen-Euro-Bereich“. Dem Vernehmen nach soll der Verwandtenkreis des ehemaligen Kölner Erzbischofs Frings den größten Einzelbetrag, Insider sprechen von „der Hälfte“ der erforderlichen Summe, zur Verfügung gestellt haben. Den Restbetrag steuerten die bayerischen Diözesen auch aus dem Kirchensteuer-Aufkommen bei.
Drei Partner fanden zu Beginn dieses Projektes und letztlich auch in der Stiftung zusammen: die Erzdiözese München und Freising, die Diözese Passau, zu der Marktl am Inn gehört, und die Geldgeber vom Niederrhein, die durch einen Vertreter im Kuratorium der Stiftung mitwirken. „Der Kaufpreis ist das eine“, sagte damals ein Beteiligter, „der Erhalt und der Nutzungsbetrieb ist das andere.“ Die Besitzerin des Hauses, Claudia Dandl, hatte darauf gedrängt, dass das denkmageschützte, zweigeschossige Kurfürstliche Maut- und Zollhaus von 1745, in dem Joseph Ratzinger 1927 geboren wurde, künftig gemäß „seiner kulturellen und religiösen Bedeutung“ genutzt werde. Daher mussten die Bieter auch Nutzungskonzepte vorlegen. Nachdem jetzt die Entscheidung gefallen war, hieß es: „Das Papst-Geburtshaus hätte in keine besseren Hände kommen können.“
Die Interessen der Käufer aus Neuss und Umgebung vertrat 2005 der Neusser Rechtsanwalt Cornel Hüsch gemeinsam mit seinem Schwiegervater, dem Rechtsanwalt und langjährigen Neusser Oberstadtdirektor Franz-Josef Schmitt. Für Hüsch war es keine Aufgabe wie jede andere: „In diesem Mandat steckten sehr viele Emotionen.“ Es sei schließlich auch für die angesehene Neusser Kanzlei nicht an der Tagesordnung gewesen, dass der damalige Privatsekretär des Papstes, Monsignore Georg Gänswein, persönlich anrufe, um sich nach dem Stand der (Verkaufs-)Dinge zu erkundigen. Gänsweins Botschaft damals: „Der Heilige Vater ist gerührt.“