Neuss Verbot für anonyme Geburten?

Neuss · Frauen, die in Neuss ihr Kind anonym zur Welt bringen möchten, können am Johanna-Etienne-Krankenhaus den Weg einer "vertraulichen Geburt" wählen. Das Bundesfamilienministerium will anonyme Geburten verbieten.

 Es sind Einzelfälle und Notsituationen, in denen Frauen sich entscheiden, ihr neugeborenes Kind abgeben zu wollen.

Es sind Einzelfälle und Notsituationen, in denen Frauen sich entscheiden, ihr neugeborenes Kind abgeben zu wollen.

Foto: centertv

Es sind Einzelfälle und Notsituationen, in denen Frauen sich entscheiden, ihr neugeborenes Kind abgeben zu wollen — und zwar nicht zur Adoption, sondern ohne Formalitäten, ganz anonym.

Etwa weil sie in Deutschland kein Bleiberecht haben oder überfordert sind mit ihrer familiären Situation. Solche Betroffene gibt es auch in Neuss. Aufgenommen werden sie im Johanna-Etienne-Krankenhaus. Dort werden vertrauliche Geburten angeboten, wie Paul Hüster, Sprecher der Augustinus-Kliniken, erläutert. Während das Lukaskrankenhaus diese Möglichkeit ablehnt, wie es auf Anfrage mitteilt, nimmt das Etienne-Krankenhaus auch Schwangere auf, die sich in einer Notlage befinden.

Kliniken, die anonyme Geburten anbieten, bewegen sie sich in einer rechtlichen Grauzone. Diese unsichere Rechtslage ist ein Grund dafür, dass Bundesfamilienministerin Kristina Schröder solche Geburten einschränken will. Am Etienne werden Frauen, die nach einer anonymen Geburt fragen, vom Ärzte-Team und den Hebammen betreut. "In der Vertrauenssituation, die im Krankenhaus entsteht, gelingt es in der Regel, die Situation so zu gestalten, dass die Frau das Kind annimmt", sagt Hüster.

"Ziel ist es, so viel Vertrauen zu schaffen, dass das Kind nach der Geburt entweder angenommen oder zur Adoption freigegeben wird", erläutert der Klinik-Sprecher, der betont, dass es insgesamt pro Jahr nur sehr wenige Anfragen nach anonymen Geburten gibt. "Aber wenn es Probleme und Konflikte gibt, wollen wir die Frauen nicht alleine lassen", betont er. Denn nur so könne man dazu beitragen, heimlichen Geburten außerhalb von medizinischen Einrichtungen vorzubeugen. Auch dies sei ja das Ziel des Bundesfamilienministeriums.

Kristina Schröder will anonyme Geburten zugunsten eben solcher "vertraulicher Geburten" wie sie am Etienne stattfinden, abschaffen. Das geplante Gesetz sieht zudem einen Ausbau der Hilfen für Schwangere vor. Beratungsstellen sollen stärker einbezogen werden. Doch gerade weil viele Frauen, die anonym gebären möchten, ihre Schwangerschaft verheimlichen, sehen sie oftmals von Beratungen ab. "Sie verdrängen, was mit ihrem Körper geschieht", sagt Christa Schwandner von der Neusser Schwangerenberatung Donum Vitae. Zwar bietet der Verein auch anonyme Beratungen an, allerdings werde dieses Angebot nur selten angenommen — "bei höchstens fünf von knapp 500 Beratungen im Jahr", sagt Schwandner. Eine bessere Zusammenarbeit mit den Kliniken sei daher wünschenswert. "Damit wir den betroffenen Frauen gemeinsam Lösungen aufzeigen können", meint die Sozialarbeiterin.

(NGZ/rl/ila)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort