Im Botanischen Garten in Neuss „Urban Gardening“ startet in die Saison
Neuss · Am Botanischen Garten bewirtschaftet „Transition Town Neuss“ Beete und einen Folientunnel. Nicht nur Gemüse wird dort gezüchtet.
Der pflaumenförmige „König Humbert“, die hoch aromatische Berner Rose und die Fleischtomate Feuerwerk – das sind drei der seltenen, alte Tomatensorten, die Birgit Leusch in den kommenden Monaten im Folientunnel auf dem Gelände der alten Stadtgärtnerei züchten will. „Die schmecken alle fantastisch – so, als seien sie schon gewürzt“, sagt die Hobbygärtnerin, die das „Urban Gardening – gärtnern in der Stadt“-Projekt der Initiative Transition Town Neuss in den vergangenen drei Jahren koordiniert hat und auch im vierten Jahr mit Begeisterung dabei ist. Am Samstag haben sich mit ihr rund zehn Mitglieder des Forums, das Teil des Vereins „Neuss Agenda 21“ ist, am Botanischen Garten eingefunden, um mit „Urban Gardening“ in die Saison zu starten.
Seit 2016 betreiben rund 15 engagierte Neusser Hobbygärtner dort auf einer ansonsten brach liegenden Fläche einen Stadtgarten, in dem sie etwa 40 Gemüsearten, unter anderem seltene und alte Sorten, aber auch Salat, Kräuter und Beerensträucher züchten. Im Grunde sei jeder, der an der Natur und nachhaltiger Gartenwirtschaft Interessierte willkommen, mitzuhelfen. Wichtig sei nur, dass die Hobbygärtner nicht ihre eigenen Parzellen bewirtschaften, sondern im „Kollektiv“ gearbeitet werde, sagt Ralf Resch, einer der Koordinatoren. Heute heißt das Pferdemist und Kompost in die Freibeete und die provisorischen Kübel im Folientunnel schaufeln, Erde umgraben, Unkraut jäten und die ersten Sellerie-, Spitzkohl-, Wirsing- und Salatpflänzchen in die Erde setzen.
„In guter Zusammenarbeit mit dem Umwelt- und Grünflächenamt der Stadt“ habe die Initiative das Areal 2016 fürs Gärtnern im öffentlichen Raum hergerichtet, erklärt Resch. Seither wird der Garten jedes Jahr erweitert. Letztes Jahr haben die Hobbygärtner aus Paletten ein Hochbeet gebaut. Dort wachsen Thymian, Petersilie, Rosmarin und viele andere Kräuter. In diesem Jahr sollen Nistkästen und Insektenhotels aus Abfallmaterialien gebaut und aufgehängt werden. In einem Staudenbeet pflanzen sie heimische Stauden an, die beschriftet werden. „So bekommen die Leute, die vorbei kommen, Ideen für die Bepflanzung des eigenen Gartens“, als Alternative zu bepflasterten oder mit Kies aufgeschütteten Vorgärten, bemerkt Roland Kehl, Sprecher von Neuss Agenda 21. „Wir freuen uns über die Vielfalt, die wir hier schaffen“, sagt er. Allerdings sei den Mitgliedern bewusst, dass es sich bei dem Projekt um eine temporäre Einrichtung handle. In Kürze werde die letzte Ausbaustufe des Botanischen Gartens in einem Bürgerworkshop geplant; auch das Areal der alten Stadtgärtnerei sei Gegenstand der Planung, sagt Resch. „Wir werden nicht in diesem Ausmaß hier bleiben können“, sagt er. Aktuell sei die Zukunft des Projekts offen. „Es kann natürlich sein, dass hier ein Spielplatz oder eine Liegewiese entsteht. Wir hoffen aber, dass wir auf irgendeine Weise hier oder anderswo weitermachen können.“
Das hofft auch Mechthild Lux. „Ich finde es großartig, dass ich zuhause nicht mit Gemüse aus Peru kochen muss, sondern hier täglich eine Zucchini, Rucola-Salat oder ein paar richtig leckere Tomaten ernten kann“, sagt die Neusserin, die keinen eigenen Garten hat.