Premiere im RLT Neuss Die Macht der Bilder

Neuss · Profis und Laien agieren wie aus einem Guss in „Fellini. Ein Traum“ im Landestheater.

 Zwölf Tänzerinnen der Karnevalsgarde (und später vier Martial-Art-Kämpfer von Fightholics Amarit) ergänzen das Profi-Ensemble.

Zwölf Tänzerinnen der Karnevalsgarde (und später vier Martial-Art-Kämpfer von Fightholics Amarit) ergänzen das Profi-Ensemble.

Foto: MARCO PIECUCH

Zampano, Matteo, Gelsomina, Marcello, Sylvia: Die wohl berühmtesten Figuren aus den Filmen Fellinis sind da. Und irgendwie auch nicht. Man mag „La Strada“ (mit den ersten drei) kennen – oder auch nicht. Man mag „La Dolce Vita“ kennen – oder auch nicht. Aber träumen sollte man können. Wie Frederico Fellini, der heute 100 Jahre alt geworden wäre und mit manchem seiner mehr als 20 Filme Ikonen geschaffen hat, die auch heute nichts von ihrem Zauber verloren haben. Fellinis Filme bewegen sich zwischen Traum und Wirklichkeit, er hat sogar eine eigene (Film-)Stadt geschaffen, um dort zu drehen: Cinecittà, vor den Toren Roms. Nun ist Neuss in jeder Hinsicht meilenweit von Fellini und seiner Traumstadt entfernt  – es sei denn, man geht ins Theater, ins RLT und lässt sich in die (Film-)Welt des italienischen Filmemachers entführen.

„Fellini. Ein Traum“ heißt das rund eineinhalbstündige, pausenlose Stück, das auf der Basis eines Textes von RLT-Dramaturg und Autor Olivier Garofalo von dem großen Ensemble aus Profis des RLT-Ensembles und zahlreichen Laien unter der Regie von Antonia Schirmeister entwickelt wurde. Gesprochen wird nicht, gebrabbelt stattdessen (zumindest zeitweise), Musikfetzen (Matthias Flake) schweben immer wieder in der Luft, Geräusche dominieren Szenen. Was im Theater ungewöhnlich genug ist, aber gerade hier ausgezeichnet funktioniert und das Schauspiel im Sinne des Wortes zu einem solchen macht. Außerdem legt es die Latte hoch für die neue Reihe „Wortlos“, die das RLT mit diesem Stück startet.

Mit „Fellini. Ein Traum“ ist mehr als eine Hommage an den großen Regisseur gelungen. Es erzählt von der Macht der Bilder, die in jedem Menschen stecken und vielleicht nur in seinen Gedanken, in seinen Gefühlen eine Rolle spielen. Und wer kennt es nicht, dass Menschen, Figuren, Erlebnisse in Träumen auftauchen, aber dabei doch ein ganz eigenes Leben führen?

Für dieses Leben haben Regisseurin und Ensemble Bilder geschaffen, die vor den Augen eines traurigen Clowns entstehen. Er ist Fellini und ist es nicht. Steht einfach herum und versucht, sich aufzuraffen. Drei Mal. Bis er zu einem großen Spiegel geht, dort sein Alter Ego heraustritt und ihn in eine Zirkustraumwelt entführt. Die Begegnungen mit etlichen skurrilen Figuren — die der Cineast zwar erkennt, aber die auch ohne dieses Wissen als Traumgestalten funktionieren –  machen ihn Stück für Stück wieder lebendig. Sebastian Muskalla und  Stefan Schleue stecken hinter diesen beiden Clowns, und auch wenn das komplette Ensemble in jeder Hinsicht überzeugt – diese beiden legen ein bisschen drauf. Wobei  ihre Wirkung ebenso wie jede andere in diesen 90 Minuten mit den kongenialen Ideen zu Bühne und Kostüm von den Ausstattern Thomas Rump und Elena Anatolevna zu tun hat.

„Fellini. Ein Traum“ ist ein Schauspiel ohne Worte und konkreten Inhalt. Macht das was? Nein, also hingehen – und mitträumen.

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