Feuilleton Unbändiger Gestaltungswillen

Feuilleton · Neuss György Ligeti ist ein Name, der dieser Tage auf vielen Konzertprogrammen zu finden ist. Landauf und landab gedenken Künstler des ungarisch-jüdischen Komponisten, der im vergangenen Jahr gestorben ist.

 Gut drauf beim Konzert im Zeughaus: der Cellist Alban Gerhardt.

Gut drauf beim Konzert im Zeughaus: der Cellist Alban Gerhardt.

Foto: NGZ

Neuss György Ligeti ist ein Name, der dieser Tage auf vielen Konzertprogrammen zu finden ist. Landauf und landab gedenken Künstler des ungarisch-jüdischen Komponisten, der im vergangenen Jahr gestorben ist.

Einer größeren Öffentlichkeit bekannt wurde Ligeti durch die Stücke "Atmosphères", "Requiem" und "Lux aeterna", die Stanley Kubrick als Filmmusik in "2001 - Odyssee im Weltraum" verwendete. In Fachkreisen gilt er längst als einer der großen Komponisten des 20. Jahrhunderts und als Erneuerer der Neuen Musik.

Auch in der neusten Auflage der Zeughauskonzerte dufte Ligeti nicht fehlen: Der Cellist Alban Gerhardt interpretierte seine "Sonate für Violoncello solo", deren beide Sätze 1948 und 1953 entstanden. Kaum zu glauben, dass das Werk im kommunistischen Ungarn als "formalistisch" verurteilt und für öffentliche Konzerte gesperrt wurde.

Gerade der kontemplative erste Satz mit seiner geradlinig geführten Melodie klingt doch für Neue Musik extrem harmlos. Der zweite Satz - ein dahinjagendes Capriccio im 3/8-Takt - kommt schon etwas schräger daher, aber bei weitem nicht so experimentell und fragmentarisch wie so manches Stück, das etwa in den Konzerten der Museumsinsel Hombroich zur Aufführung gelangt. Gerhardt ebnete sich gekonnt seinen Weg durch die freie Melodik und die spieltechnischen Raffinessen des Satzes.

Überhaupt: Er war gut drauf, der smarte Cellist aus Berlin, der sich für PR-Bilder schon mal gerne auf dem Motorroller ablichten lässt, seinen Cellokasten relaxt auf den Rücken geschnallt. Seine Spieltechnik ist von ähnlicher Coolness, sein Ton unaufdringlich und zugleich anschmiegsam.

Routiniert eröffnete er das Konzert mit einer "Suite italienne" Igor Strawinskys, die sich als Bearbeitung der bekannten Pulcinella-Ballettmusik entpuppte, um dann mit einer dreisätzigen Beethoven-Sonate fortzufahren.

Nicht nur, aber vor allem dabei funktionierte das Zusammenspiel mit dem zweifachen "Echo Klassik"-Preisträger Markus Becker am Flügel ganz hervorragend. Die beiden Musiker verbindet eine langjährige Zusammenarbeit - erst kürzlich haben sie Max Regers Gesamtwerk für Klavier und Cello eingespielt - und ihr gemeinsames Musizieren ist von sicht- und hörbarer Vertrautheit bestimmt.

Zudem zeichnen sich beide Künstler durch einen unbändigen Gestaltungswillen aus, durch den das expressive Beethoven-Allegro genauso zum Erlebnis wurde wie der tiefromantische Kopfsatz und das affektreiche Fis-Dur-Adagio der abschließend musizierten Brahms-Sonate. Mit einem spielerisch-virtuosen Finale führten Becker und Gerhardt ihr Duo-Recital zu einem gelösten, vorläufigen Ende. Vorläufig, weil noch drei Zugaben folgen mussten, ehe der Applaus verebbte.

(NGZ)
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