Neuss Um 9.45 Uhr klingelt der Staatsanwalt

Neuss · 80 Ermittler durchsuchen 20 Objekte nach Beweisen für Untreue und Bestechungsvorwürfe gegen Stadtwerke-Chef Heinz Runde. Auch das Sponsoring des Schützenfestes gerät ins Visier der Fahnder. Es ist bereits die zweite Razzia.

 LKA-Ermittler verlassen die Stadtwerke-Zentrale an der Moselstraße.

LKA-Ermittler verlassen die Stadtwerke-Zentrale an der Moselstraße.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Als Heinz Runde mit blasser Miene um 9.49 Uhr vom Areal der der Stadtwerke Neuss an der Moselstraße fährt, durchsuchen Dutzende Ermittler die Konzernzentrale. Sie durchkämmen auch sein Büro, und haben wenige Minuten zuvor, um 9.45 Uhr, auch an seinem Privathaus mit einem Durchsuchungsbeschluss geklingelt. Sie suchen überall nach Material, das den Verdacht gegen den SWN-Geschäftsführer wegen Untreue und Korruption erhärten könnte. Das Verfahren läuft schon seit mehr als einem Jahr, aber unter anderem nach neuerlichen Hinweisen aus diesem Sommer - etwa ein neues anonymes Schreiben, das auch unserer Redaktion vorliegt - bereiten die Ermittler monatelang die Durchsuchungen an mehreren Stellen in Neuss, Krefeld, im Kreis Wesel und im Kreis Heinsberg vor. Gestern Morgen ist es soweit.

 Heinz Runde (Mitte) gewährt den Ermittlern Zugang zu seinem Auto.

Heinz Runde (Mitte) gewährt den Ermittlern Zugang zu seinem Auto.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Gegen 9 Uhr fährt ein Auto der Staatsanwaltschaft Wuppertal auf das Areal der Stadtwerke, gefolgt von einer Reihe ziviler Einsatzfahrzeuge des Landeskriminalamtes. Sie bleiben bis zum frühen Abend, die Fahnder durchsuchen weite Teile der Stadtwerke Neuss GmbH und der Tochter Stadtwerke Neuss Energie und Wasser GmbH. Nach Angaben des Landeskriminalamtes gehen die Nachforschungen in der Zentrale heute weiter. Am Mittwoch sind sie auch im Saunabad "Wellneuss" unterwegs, sie durchsuchen Privathäuser - nicht nur das von Runde im Stadtteil Selikum - und weitere Unternehmen. Bei der Agentur "h1" im Haus am Pegel suchen sich nach Details zu dem Vertragskonstrukt über das Sponsoring der Stadtwerke des Neusser Bürgerschützenfestes, weil es Zuwendungen ohne erkennbaren Nutzen für die Stadtwerke gegeben haben soll. Agentur-Inhaber Marc Hillen wird als Zeuge vernommen. Er gibt Auskunft: "Wir haben im Auftrag des Bürgerschützenvereins einen Sponsor in einem transparenten Verfahren gesucht. Wenn es nicht die Stadtwerke gemacht hätten, dann jemand anderes zum gleichen Preis. Das Bürgerschützenfest bietet eine sehr hohe Reichweite."

Da ist Runde längst zu Hause angekommen. Sein Auto haben die Ermittler auch durchsucht. In seinem abgeschotteten Privathaus in Selikum berät er sich mit seinem Rechtsbeistand und seiner Frau. Rechtsanwältin Anne Wehnert bestätigt die Durchsuchung in Rundes Privathaus. Die Durchsuchung sei wegen Zusatzfragestellungen aus den Ermittlungen anberaumt worden, die Aktion habe die Vorwürfe falsifiziert. "Wir arbeiten seit dem ersten Tag kooperativ mit der Staatsanwaltschaft zusammen." Während die Ermittler in Neuss noch unterwegs sind, berufen die Aufsichtsräte der Stadtwerke und der Töchter Sondersitzungen für heute Abend ein. Jörg Geerlings, Aufsichtsratsvorsitzender der SWN-Tochter Energie und Wasser, sagt: "In der Sondersitzung wird der aktuelle Sachstand dargelegt werden. Es gilt die Unschuldsvermutung, es geht nicht um eine Vorverurteilung, sondern um Aufklärung." Die Stadtwerke bitten im Anschluss zur Pressekonferenz.

 LKA-Ermittler durchsuchen am Morgen das Auto von Heinz Runde vor dem Eingang der Stadtwerke, Heinz Runde steht daneben. Vor dem Eingang stehen außerdem reihenweise Zivilfahrzeuge der Ermittler.

LKA-Ermittler durchsuchen am Morgen das Auto von Heinz Runde vor dem Eingang der Stadtwerke, Heinz Runde steht daneben. Vor dem Eingang stehen außerdem reihenweise Zivilfahrzeuge der Ermittler.

Foto: WOI

Bürgermeister Reiner Breuer sagt den Ermittlern "vollumfängliche Kooperationsbereitschaft" zu, damit der Sachverhalt vollständig aufgeklärt und die Ermittlungen abgeschlossen werden könnten. In einer Mitteilung der Stadt heißt es: "Auf dieser Grundlage behält sich der Bürgermeister weitere Entscheidungen vor." Der Antikorruptionsbeauftragte informiert am Freitag den Rat.

(NGZ)
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