Neuss Turbo-Abitur sorgt für Stress

Neuss · Aufgrund der Schulzeitverkürzung machen 2013 doppelt so viele Jugendliche das Abitur. Der Doppeljahrgang ist nun in der Oberstufe – die Schüler Annais Paetsch und Robert Gadow gehören dazu. Ein Stunden-Besuch.

 Marie-Curie-Schulleiterin Emmy Tressel mit Robert Gadow und Annais Paetsch: Robert gehört zur G 9-, Annais zur G 8-Generation.

Marie-Curie-Schulleiterin Emmy Tressel mit Robert Gadow und Annais Paetsch: Robert gehört zur G 9-, Annais zur G 8-Generation.

Foto: Berns

Robert Gadow und Annais Paetsch sind beide 16 Jahre alt, besuchen das Neusser Marie-Curie Gymnasium (MCG) und machen 2013 Abitur. Doch in einem Punkt unterscheiden sie sich: Robert wurde ein Jahr früher eingeschult als seine Mitschülerin. Robert und Annais sind typisch für die Schullandschaft in NRW. Sie sind Bestandteil des sogenannten Doppeljahrgangs. Wenn sie ihr Abiturzeugnis in den Händen halten hat Robert 13 Schule hinter sich. Bei Annais waren es dann nur zwölf Jahre, so wie zukünftig bei allen Gymnasiasten. Robert ist ein G9-Schüler, Annais eine G8-Schülerin.

Wie bei allen Reformen stellt auch die Schulzeitverkürzung die Betroffenen in der Übergangsphase vor eine besonders große Herausforderung. "Meine Mitschülerinnen und ich fühlen sich manchmal ein bisschen wie Versuchskaninchen", sagt Annais. Glücklicherweise gehört die 16-jährige zu den besseren Schülern, so dass sie keine Probleme mit dem Unterrichtsstoff hat. Schulleiterin Emmy Tessel kennt aber auch andere Fälle: "Grundsätzlich ist die Schulzeitverkürzung ja gut", sagt Tessel, "aber leider sind die Lehrpläne noch nicht kompakt genug." Und so muss Annais häufig länger in der Schule bleiben als Robert. Für ihre Hobbys Basketball, Jazztanz und Klavierspielen findet sie zwar noch Zeit, doch "die ist dieses Jahr wirklich knapp bemessen". Früher habe die 16-jährige mehr Freizeit gehabt.

Robert hat es etwas leichter. Er kommt durchschnittlich zwei Stunden früher nach Hause als Annais. So findet er Zeit zum Breakdancen, für Tischtennis und Volleyball. Außerdem geht er gerne mit Freunden raus – die sind größtenteils auch G9-Schüler. Bei den – wie er sagt – "Kleinen" kennt er zwar auch einige, doch richtige Freundschaften haben sich nicht entwickelt.

Ein Grund: Am Marie-Curie Gymnasium wird die Trennung im Doppeljahrgang beibehalten. Die Schüler absolvieren zwar die "Einführungsphase", doch sie tun dies in reinen G 9- oder G 8-Kursen. Für die Hauptfächer ist das vorgeschrieben, in den Nebenfächern wäre eine Mischung erlaubt gewesen. Das Gymnasium Norf mischt als einziges Neusser Gymnasium, das MCG hat sich dagegen entschieden. "Das erste Jahr in einer Stufe ohne feste Klassengemeinschaft ist für sich schon neu", sagt der stellvertretende Schulleiter Ralf Pommerening, "Bei zwei Jahrgängen wird es unübersichtlich."

Eine zu frühe Mischung würde die "Wohlfühlatmosphäre" stören, die den Lehrern wichtig ist. Außerdem müsse man dafür sorgen, dass alle Kinder beim Unterrichtsstoff auf einem Stand sind. Zumindest in Englisch sei dies der Fall. Bei einer Vergleichsarbeit hätten die G8-Schüler sogar besser abgeschnitten als die ein Jahr älteren Mitschüler.

Trotz der Angleichung gibt es Unterschiede. Annais – eine gute Schülerin – empfindet die Einführungsphase als schwer, Robert sagt "Bis jetzt ist das Jahr eher entspannend."

(NGZ)
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