Neuss Trickdiebe zu Jugendstrafen verurteilt

Neuss · Sie sind erst 14 und 15 Jahre alt und trotzdem müssen sie ins Gefängnis: Das Neusser Amtsgericht verurteilte jetzt zwei junge rumänische Trickdiebe wegen Raubes zu jeweils 12 Monaten Jugendstrafe ohne Bewährung.

Die beiden Jugendlichen hatten vor Gericht gestanden, in der Hauptstelle der Sparkasse Neuss auf der Oberstraße zwei Rentner um insgesamt 1500 Euro erleichtert zu haben. Die Opfer: Ein 84jähriger Neusser und seine 80jährige Frau. "Wir haben hier die Handlanger einer organisierten Bande verurteilt", so Richter Heiner Cöllen, "es saßen die auf der Anklagebank, die von unbekannten Hintermännern ins Feuer geschickt und festgenommen wurden."

Beide Jugendliche zeigten sich im Prozess zwar letztlich geständig, verpackten das eigentliche Tatgeschehen aber in eine wenig glaubhafte Geschichte. Demnach hatten beide im Dortmunder Hauptbahnhof per Zufall zwei Landsleute kennengelernt und sich entschlossen, mit dem Zug nach Neuss zu fahren und dort zu betteln. "Die Frage, warum sie gerade in Neuss betteln wollten, konnten sie nicht beantworten. Auch eine plausible Erklärung, wie das Quartett vom Hauptbahnhof bis zur Sparkasse an der Oberstraße gelangt ist, konnten die beiden Angeklagten nicht liefern", so Cöllen. "Plötzlich", so die beiden Jungen in ihrer Aussage, habe man im Bereich der Geldautomaten gestanden. Dort habe man dann den 84jährigen Rentner bedrängt, der gerade Geld abholen wollte. "Als der Mann bereits die PIN-Nummer eingegeben hatte, wurde er umzingelt und zur Seite gestoßen.

Die Täter gaben anschließend 1500 Euro als gewünschte Summe ein, schlugen dem Rentner auf den Arm und türmten mit dem Geld." Weit kamen die beiden allerdings nicht: Auf der Promenadenstraße schnappten zwei Polizisten die beiden Jugendlichen, die seit ihrer Festnahme in Untersuchungshaft saßen.

In Haft müssen sie nun auch bleiben — das Schöffengericht sah keine Möglichkeit mehr für eine Bewährungsstrafe. "Es war für uns eine schwierige Entscheidung, weil eigentlich vor allem die Hintermänner auf die Anklagebank gehören", so Richter Heiner Cöllen, "trotzdem musste es ein Urteil mit Signalwirkung geben." Beide Jugendliche müssen für 12 Monate im Gefängnis bleiben — ein Urteil, was unter den vielen angereisten rumänischen Prozess-Zuschauern für erhebliche Reaktionen sorgte: Viele Frauen brachen in Geschrei und Tränen aus, Männer begannen hektisch zu telefonieren. Für das Neusser Amtsgericht indes wird es nicht der letzte Prozess dieser Art bleiben. "Wir werden derzeit überflutet von rumänischen Serientätern", so Cöllen, "mal sind es Einbrecher, mal Trickdiebe, die als angebliche Bettler unterwegs sind und wie im aktuellen Fall Rentner berauben."

(url/jco)
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