Neuss Trauer nach Familiendrama

Neuss · Nach der Bluttat am Montagabend ist der Schock in der Neusser Nordstadt groß. Viele Menschen haben am Tatort Blumen abgelegt. Die Frauenberatungsstelle fordert Betroffene aus Gewaltbeziehungen auf, sich zu melden.

August 2012: Mutter und Kinder in Neuss getötet
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August 2012: Mutter und Kinder in Neuss getötet

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Blumen und Plakate stehen vor dem Haus in der Nordstadt, Menschen haben Kerzen aufgestellt, um ihr Mitgefühl zu zeigen mit der jungen Mutter und ihren zwei kleinen Kindern, die hinter diesen Mauern am Montag grausam zu Tode gekommen sind. Die Polizei fahndet nach dem Ehemann der Frau, Vater der beiden Kinder.

Sinnlos sei diese Bluttat, sagen die, die vor dem Haus Kaarster Straße 49 stehen und nicht fassen können, was in ihrer Nachbarschaft passiert ist. "Samara, du warst meine beste Freundin", hat ein Kind auf einen mit Herzen verzierten Zettel geschrieben, ein anderes Plakat fragt schlicht "Warum?". Eine Frau legt Blumen nieder und bricht spontan in Tränen aus. Kinder haben ein kleines Stofftier abgelegt, neben einem Engel aus Porzellan leuchten Trauerkerzen.

Fürbitte für die Verstorbenen

Die Tat, die am Dienstag durch alle Medien ging, hat die Anwohner aufgeschreckt, sie ist Gesprächsthema auch in den Kirchen der Nordstadt. "Wir schließen die Opfer in unsere Gebete ein", sagt Anke Krughöfer, Pfarrerin der Versöhnungskirche. Ihr katholischer Kollege Hans-Günther Korr sprach eine Fürbitte für die Verstorbenen. Beide Geistliche sprechen von der Fassungslosigkeit und dem Schrecken, den die Tat ausgelöst hat. Natürlich treibe die Menschen die Frage um, wie es zu dem Familiendrama gekommen ist, sagte Korr. "Mit Blumen und Briefen lässt sich die Trauer besser bewältigen."

Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, waren der Tat an der Kaarster Straße Fälle von häuslicher Gewalt vorausgegangen. Kenntnis darüber hatten die Behörden seit dem Jahr 2010. Dass sich Gewalt in der Ehe bis zu einer Bluttat steigert, komme durchaus vor, sagt Ursula Habrich von der Neusser Frauenberatungsstelle. "Gerade wenn Frauen sich nicht aus Gewaltbeziehungen befreien, sinkt die Hemmschwelle der Männer immer weiter", sagt die Sozialpädagogin.

Zu einem Tötungsdelikt könne es insbesondere dann kommen, wenn die Frau sich trennen will. "Dann droht das System der Allmacht und Kontrolle auseinanderzubrechen", sagt Habrich. Um dies zu verhindern, greife der Mann erneut zu Gewalt und töte seine Opfer, um weiter das Gefühl zu haben, die Ereignisse kontrollieren zu können. Und um zu zeigen, dass die Frau quasi "Besitz" ist. Habrich wie auch die Gleichstellungsbeauftragte des Rhein-Kreises, Ulrike Kreuels, appellieren an betroffene Frauen, die in Gewaltbeziehungen leben, Beratungsangebote anzunehmen. "Dafür braucht sich keine Frau zu schämen", sagte Kreuels.

Unterdessen denkt der Neusser Bauverein, bei dem die Familie der Opfer seit dem Mai Mieter war, darüber nach, wie man den anderen Parteien in der Nachbarschaft helfen kann, mit dieser belastenden Situation fertig zu werden. Die verschiedenen Beratungsangebote, die der Bauverein für seine Mieter mit dem Diakonischen Werk entwickelt hat, sollen dazu genutzt, aber unter Umständen auch die Notfallseelsorge einbezogen werden. "Wir werden zunächst alle Mieter in dem Objekt anschreiben", erklärte Peter Krupinski für den Bauverein.

(NGZ/top/csi)
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