Neuss: Gelungene Premiere im Theater am Schlachthof Zwanziger-Jahre-Musiktheater im TaS

Neuss · Mit „Foxtrott auf dem Drahtseil“ ist dem Theater am Schlachthof wieder ein großer Wurf gelungen. Die Premiere, zugleich Start in die neue Spielzeit, war pures Vergnügen. Und für jeden gesungenen Titel gab es lauten Beifall.

 Edwin Schulz, Daniel Marré und Franka von Werden (v.l.) singen und tanzen im Theater am Schlachthof einen amüsanten „Foxtrott auf dem Drahtseil“.

Edwin Schulz, Daniel Marré und Franka von Werden (v.l.) singen und tanzen im Theater am Schlachthof einen amüsanten „Foxtrott auf dem Drahtseil“.

Foto: Kathi Ley

Das Musiktheater-Ensemble des Theaters am Schlachthof (TaS) hat einmal mehr einen großen Wurf gelandet. Nach den erfolgreichen Programmen „Swing mit dem Feuer“, „Die Ballade vom Horizont“ und „Das Echo der Flüsse“ war auch die erste Musiktheater-Premiere der neuen Spielzeit mit dem neuen Stück „Foxtrott auf dem Drahtseil“ bei ausverkauftem Haus ein pures Vergnügen.

Musik der zwanziger Jahre sollte es sein. Und weil eine entsprechende Vorlage fehlte, schrieben die Ensemblemitglieder Monique Latour und Lena Schuler ihre erste Story. Im Mittelpunkt stehen zwei Frauen – die Barbesitzerin Luise und die Sängerin Ella – und zwei Männer: der Barpianist Willi und der Schweizer Investor Fritz. Die Handlung spielt zwischen dem 1. Oktober 1929 und dem 6. August 1930.

Den Umbrüchen in einer polarisierten Gesellschaft und Wirtschaftskrisen (der „schwarze Freitag“) haben die Autorinnen nur untergeordnete Bedeutung gegeben. Zwar wird „Die Rote Fahne“ zitiert, das von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg gegründete Zentralorgan der KPD, den roten Faden aber liefert die Musik. „Es ist geradezu so, als hätten die Komponisten damals ihre Songs speziell für unser Stück geschrieben“, ist der Regisseur Sven Post überzeugt.

Die zwanziger Jahre waren ein sehr musikalisches Jahrzehnt. Die Charleston-Welle schwappte aus den USA nach Europa, Jazz und Swing revolutionierten die Musik. Inspiriert vom Dadaismus wurden witzige Nonsens-Texte gedichtet, auch der Aufbruch in Sachen „Moral“ fand in frivolen Liedern Resonanz. Köstliche Titel wie „Wer hat bloß den Käse zum Bahnhof gerollt?“ oder „Du bist als Kind zu heiß gebadet worden“ und „Ein Freund, ein guter Freund“ des auch international erfolgreichen deutschen Sextetts „Comedian Harmonists“ sind auch heute noch bekanntes Allgemeingut.

Diese und viele weiteren Titel bestimmten den rasanten Ablauf in „Auerbachs Schänke“ (Bühne: Rene Buttermann). Dabei waren die Damen – Franka von Werden als Ella und Marlene Zilias als Luise – den beiden Herren stimmlich leicht überlegen. Die aber waren musikalisch mit allen Wassern gewaschen. Edwin Schulz spielte als Barpianist vollendet die Begleitung, er hatte auch alle Arrangements geschrieben. Daniel Marré, der Investor Fritz, gab seinen Einstand als Sänger mit „Mein kleiner grüner Kaktus“ und spielte nebenbei perfekt Posaune, Trompete und ein seltsam kleines Akkordeon.

Zeitgemäß authentisch waren die schönen Kostüme (Cordula Fröhlich), in Technik und Assistenz leisteten Nils Steinkamp und Tamara Hoppe wertvolle Produktionshilfe. Anerkennenden Jubel gab es im Publikum für jeden einzelnen gesungenen Titel. Dabei gab es oft mehrstimmigen wohltönenden Gesang. „Das wird vom Ensemble richtig toll und stimmig umgesetzt“, war Tim (20) schon zur Pause begeistert.

Nach dem Happy End war noch nicht Schluss. Gleich drei übermütige Zugaben hatte das Ensemble vorbereitet. Als „In der Bar zum Krokodil am Nil“ die Sängerinnen den Refrain mit Schampus gurgelten, war das Vergnügen vollkommen.

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