Kabarettreihe in Neuss Ein vergnüglicher Kabarett-Abend im RLT

Neuss · „The Neuss of Germany“ heißt eine neue Reihe, die in einer Reihe gestartet ist: nämlich im Kabarettformat „neusspunktacht“ des RLT.

Alle kommen sie gerne nach Neuss, die Größen der deutschen Kabarettszene. Aber kennen sie wirklich Neuss? Das wollten jetzt in der Kabarettreihe „neusspunktacht“ des Rheinischen Landestheaters (RLT) Susanne Pätzold, Axel Strohmeyer und Franco Melis vom Kölner Improvisationstheater genauer wissen. Noch im vergangenen Dezember waren sie im RLT als „3 Kölsch ein Schuss“, sie haben sich über die Großstadt am Niederrhein mittlerweile ein üppiges Angeberwissen angeeignet.

 Sie sorgten für den ersten Erfolg bei „The Neuss of Germany“ in der Reihe „neusspunktacht“: (vorne v.l.) Jürgen Becker, Susanne Pätzold, Axel Strohmeyer und (hinten v.l.) Franco Melis, Stephan Busch und Till Menzer.

Sie sorgten für den ersten Erfolg bei „The Neuss of Germany“ in der Reihe „neusspunktacht“: (vorne v.l.) Jürgen Becker, Susanne Pätzold, Axel Strohmeyer und (hinten v.l.) Franco Melis, Stephan Busch und Till Menzer.

Foto: Andreas Woitschützke

„The Neuss of Germany“ war der Titel des Abends, und Stephan Busch (Keyboard, Flügel) eröffnete ihn zusammen mit Till Menzer (Drums) mit einer Improvisation über das Neusser Heimatlied. Das gelang den beiden Profis großartig: Stephan Busch ist Musiklehrer am Städtischen Gymnasium Hennef, Till Menzer Schlagzeuger beim Horst Hansen Trio, einer Krefelder Jazzband.

Musikalisch begann auch das Trio „3 Kölsch ein Schuss“: Die Kölner, für ihre intensive Aktion mit dem Publikum bekannt, formten aus den von Zuschauern zugerufenen Wörter „Friseur, Mittagsschlaf, Kniesport“ ein mitreißendes Lied: „Ein Mittagsschlaf kann niemals so herrlich sein wie in Neuss am Rhein“ und dann fahre ich zur „Halle des Ski, vorher trainiere ich mein Knie“. Köstlich war auch der schnelle Wechsel zwischen Deutsch und einer Fantasiesprache zum Eierdieb im Stadtgarten, der bei Axel Strohmeyer auch schon mal zum „Kartoffeldieb“ wurde.

Es ging um Neuss, „und damit wir das nicht vergessen“, waren die Stadtlettern überlebensgroß auf der Bühne präsent. Der prominente Gast des Abends war der Star-Kabarettist Jürgen Becker. Acht Fragen zu Neuss musste er beantworten. Siebenmal lag er richtig: Er kannte detailliert den ehemaligen International Harvester-Standort, wusste, dass die Novesia-Schokolade „garantiert 27 Nüsse“ enthält. Für die richtige Antwort erhielt er eine Tafel der Jubiläumsausgabe von 1860.

Er kannte Allerheiligen, weil der Oldtimer-Fan dort seinen Saab 96 schon einmal reparieren ließ, und wusste, dass am 23.1.1963 ab zehn Uhr schulfrei war, weil Neuss Großstadt wurde. Lediglich ein Neusser Kuriosum aus dem Mittelalter konnte Jürgen Becker nicht beantworten: Über ein Jahr lang hielt 1284 der Hochstapler Tile Kolup in Neuss als Kaiser Friedrich II. Hof. Der war aber bereits 1250 auf Sizilien gestorben. Damals trafen sogar Gesandte aus lombardischen Städten in Neuss ein, um dem „zurückgekehrten“ Kaiser zu huldigen.

Der in Köln lebende Kabarettist Jürgen Becker nutzte die Gelegenheit, um über aktuelle Virussorgen zu räsonieren: „Aktien von Hakle-Feucht sind bald mehr wert als die von VW!“ Er empfahl dem Publikum, „immer in die Armbeuge zu lachen und zur Begrüßung Kölner Stippeföttsche“.

Tatsächlich blieben etliche Plätze im Rheinischen Landestheater bei der eigentlich ausverkauften Veranstaltung leer. Geradezu lehrreich war Jürgen Beckers Exkurs zu Konrad Adenauer und „wie Bonn zur Hauptstadt wurde“. Mit vielen Originalzitaten wies der Kabarettist nach, wie Adenauer mit rheinischer Trickserei sowie Unwahrheiten zusammen mit seinem einzigen Duzfreund, dem Kölner Bankier und CDU-Politiker Robert Pferdmenges (1880– 962), zu Zielen kam. „Er konnte als Katholik soviel lügen, wie er wollte, er konnte ja hinterher zur Beichte gehen.“

Dann gehörte das Podium wieder „3 Kölsch ein Schuss“ für ihren intelligenten Witz und – vor allem – überbordende Musikalität. Auf Vorschlag des Zuschauers Johannes Holthausen aus Erfttal – „Immer rot an den Ampeln in Neuss“ – kam der Psychoanalytiker „Professor Doktor Meerbusch“ zu dem Ergebnis, die Wartezeit diene dem Nachdenken: „Neuss ist die Gedankenhauptstadt Deutschlands.“

Wirklich zum Brüllen war die von der „Erfinderin Pfannenstiel“ für Neuss geschaffene „Verjüngungsmaschine, die, durch ein Sauerkrautschnitzelwerk angetrieben, sogar Kohlendioxid CO2 vernichtet“. Mit einer finalen Kurzoper über den Verlust der Rennbahn stellten vor allem Susanne Pätzold und Franco Melis ihre höchst potenten gesanglichen Qualitäten unter Beweis und beendeten einen durch und durch vergnüglichen Abend.

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