Neuss Tatort Holzheim

Neuss · Neuss "1000 mal berührt, 1000 mal ist nix passiert ..." Ob das so im Drehbuch steht? Egal. Die beiden Männer in dem Golf grölen aus voller Kehle, so dass sie zig Meter vor und hinter dem Wagen zu hören sind.

 Stars zum Anfassen: Jürgen Vogel (mit weißem Käppi) und Axel Prahl (mit Rautenpulli) stellten sich bereitwillig einem privaten Fotoshooting.

Stars zum Anfassen: Jürgen Vogel (mit weißem Käppi) und Axel Prahl (mit Rautenpulli) stellten sich bereitwillig einem privaten Fotoshooting.

Foto: NGZ

Vielleicht aber haben Jürgen Vogel und Axel Prahl einfach nur gute Laune oder wollen den vielen Zuschauern etwas Gutes tun. Diese stehen nämlich trotz des kalten Windes geduldig auf den Bürgersteigen und schauen interessiert zu, wie oft ein Auto vor und zurück bewegt werden muss, bevor die nur Sekunden dauernde Szene im Kasten ist.

 Martin Zimmermann hat das Projekt viereinhalb Jahre vorbereitet.

Martin Zimmermann hat das Projekt viereinhalb Jahre vorbereitet.

Foto: NGZ

"Alles auf Anfang", "Ton ab" - ein Hauch von großer weiter Film-Welt wehte am Donnerstag durch Holzheim. Genauer: durch die Martinstraße. Denn dort gibt es eine kleine Bank, die genau in das Schema der Raubzüge passt, die zwei Männer zwischen 1989 und 2001 begangenen haben.

Zwölf Jahre, vornehmlich in der dunklen Jahreszeit, haben sie Banken vor allem in kleineren Städten und Gemeinden ausgeraubt. In ganz Deutschland und "dabei besonders gerne Raiffeisenbanken", wie Martin Zimmermann weiß.

Er ist der Produzent des Films über die beiden 2001 gefassten Bankräuber und muss schon ein bisschen grinsen, weil in Holzheim eine Filiale genau dieser Bank der Drehort ist. Allerdings signalisiert der aufgeklebte Name, das sie sich eigentlich in einem anderen Teil der Republik befindet: Kreisbank Pfalz.

In selbiger werden die beiden Schauspieler Vogel und Prahl, die die Bankräuber namens Mike Roth (Vogel) und Klaus Starck (Prahl) verkörpern, gleich verschwinden - wenn sie denn erst mal die Anfahrt in dem blauen Golf mit dem Kölner Kennzeichen kameratauglich geschafft haben.

Jürgen Vogel, der hinter dem Steuer sitzt, ist bester Dinge und zieht eine kleine Show ab: "Kommt, jetzt habe ich den Esprit, es ist geil, und geil ist wichtig" ruft er grinsend aus dem Seitenfenster, lässt den Motor erst einmal richtig schön aufheulen, bevor er dann brav die zwei Meter am Fahrbahnrand abfährt, gemeinsam mit Prahl das Auto verlässt und zielstrebig zur Bank hinübergeht. Na also, die Szene ist im Kasten.

Danach kommt etwas, was kaum einer der Zaungäste erwartet, aber sie sofort reagieren lässt. Viele haben ohnehin die Digitalkamera dabei und stürzen nun begeistert zum Bankeingang, als Vogel und Prahl sich bereitwillig zum privaten Fotoshooting aufbauen. Manches Familienalbum dürfte nun um eine Aufnahme reicher werden, auf der Sohnemann den Schulterschluss mit Vogel und Prahl macht.

Die beiden Schauspieler sind für Produzent Zimmermann die Wunschbesetzung der Rollen, aber er weiß - und die Castingbüro-Chefin Iris Baumüller bestätigt es -, dass auch immer ein bisschen Glück dazu gehört, diesen einen Wunsch zu realisieren. Rund viereinhalb Jahre hat Zimmermann an dem Projekt gearbeitet, das unter dem Titel "12 Winter" im kommenden Jahr im Ersten ausgestrahlt wird.

Ein bisschen lang, oder? "Ja", sagt er lachend, "wirklich normal ist das nicht". Aber es gibt eben Projekte, die so viel Zeit brauchen. Vor allem, wenn sie so hochwertig sind wie dieses, sagt er. Immerhin hat der Film ein Budget von 2,2 Millionen Euro.

Zimmermann hat sich bei der Geschichte der beiden zu 15 Jahren Gefängnis verurteilten Bankräuber "bis auf einige ganz minimale Abweichungen" an die reale Vorlage gehalten. Und die Einwilligung der Betroffenen eingeholt: "Ohne die würde ich so etwas nie machen", sagt der Produzent, der für seinen Film "Das Wunder von Lengede" sogar das "halbe Dorf auf Servietten" hat unterschreiben lassen.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort