Neuss Syrischer Flüchtling wird Azubi bei 3M

Neuss · Der Technologiekonzern sucht unter Geflüchteten nach jungen Talenten. Der Syrer Diaa Almsouty (31) hat im vergangenen Juni seine Ausbildung bei 3M begonnen, Ammar Ammis (18) absolvierte ein Praktikum.

 Freuen sich über ihre neue Aufgabe bei 3M: Praktikant

Freuen sich über ihre neue Aufgabe bei 3M: Praktikant

Foto: Woitschützke Andreas

Am Tag als das Bild eines fünfjährigen Jungen aus dem umkämpften Aleppo um die Welt geht, sitzen Ammar Ammis (18) und Diaa Almsouty (31) in einer Sofaecke bei 3M. Beide sind voller Dankbarkeit. Denn sie sind dem Grauen des syrischen Krieges entkommen und auf dem besten Weg ein wertvoller Bestandteil der deutschen Gesellschaft zu werden.

Almsouty hat am 1. Juni bei 3M in Neuss eine Ausbildung zum Industrie-Kaufmann begonnen, Ammis absolviert dort gerade ein Praktikum. "Wir sind immer auf der Suche nach jungen Talenten", sagt Diana Klömpken. Die 49-Jährige ist Ausbildungskoordinatorin von 3M in Deutschland, Österreich und der Schweiz. 231 Azubis hat der Technologiekonzern im deutschsprachigen Raum derzeit. Und auf der Suche nach jungen Talenten richtet Klömpken ihren Blick nun bewusst auch auf Geflüchtete.

Diaa Almsouty ist der 49-Jährigen von einer Sozialarbeiterin empfohlen worden. Seit zwei Jahren lebt der 31-Jährige nun in Deutschland. Sein syrisches Abitur wurde als Realschulabschluss anerkannt. Er hat zwei Deutsch-Kurse absolviert. Für ein Praktikum kam er zu 3M. "Er hat sich innerhalb kürzester Zeit so gut ins Team eingefügt, dass wir ihn gerne übernommen haben", sagt Klömpken. Durch eine Zusammenarbeit von IHK, Arbeitsamt und Berufsschule wurde es ihm ausnahmsweise ermöglicht, die Ausbildung im Juni zu beginnen, damit nach dem Sprach-Kursus kein Leerlauf entsteht. "Meine Zeit ist voll", sagt Almsouty. Die deutsche Sprache ist für ihn immer noch das größte Hindernis. In einem Test zur Rechenkompetenz habe er sehr gut abgeschnitten, sagt Klömpken. Auch die Aufgaben in der Berufsschule fallen ihm leicht, sagt Almsouty. Aber er verstehe halt noch nicht alles.

Seinen Landsleuten sagt er deshalb auch: "Am wichtigsten ist, dass ihr Deutsch lernt." 3M setzt den 31-Jährigen nun bewusst ein. Beim Aktionstag "Check-In Berufswelt" sollte er einer Gruppe syrischer Geflüchteter das Unternehmen näher bringen. Schließlich erhofft sich 3M weitere Talente. Dabei traf er auf Ammar Ammis. Der 18-Jährige macht gerade sein Fachabitur am Berufsbildungszentrum Dormagen. Sein Praktikum bei 3M hat ihm gut gefallen. "Die Kollegen sind nett. Die Firma ist toll. Ich will hier gerne arbeiten", sagt Ammis. Er hat große Ziele: erst eine Ausbildung, dann studieren. "Business-Man" will er werden. Schon jetzt hat er viel riskiert für die Möglichkeit auf ein besseres Leben. "Er ist den krassen Weg gegangen", sagt Diana Klömpken. Mit dem Boot übers Mittelmeer, zu Fuß weiter. "Ich hätte in den Krieg gemusst", sagt der 18-Jährige.

So kommt das Gespräch auf das Bild des syrischen Jungen, der bei einem Luftangriff verwundet wurde. Der Junge wirkt darauf verwirrt und apathisch, sein Gesicht ist blutüberströmt und voller Staub. "Einfach nur schrecklich", sagt Klömpken. Die beiden Syrer erzählen vom Leben der Verwandten, die noch dort sind. "Es wird jeden Tag schlimmer", sagt Almsouty. Und dann zeigt auch er ein Foto. Es zeigt seinen Sohn, der vor wenigen Wochen hier in Deutschland geboren wurde. Ihm will er ein Leben in Sicherheit bieten.

Und dann wird ein wenig geträumt. Wenn eines Tages Frieden einkehre in Syrien, könnten Almsouty und Ammis dort ja einen Standort von 3M aufbauen. Es ist eigentlich nur ein kleiner Scherz. Aber es wäre für alle Seiten das beste Ende dieser Geschichte.

(NGZ)
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