Neuss Streitbarer Gast beim zweiten NGZ-Kulturtreff

Neuss · Beim zweiten NGZ-Kulturtreff sprach Theatermacher Rainer Wiertz über das Shakespeare-Festival und den Kulturstandort Neuss.

 Beim zweiten NGZ-Kulturtreff sprach Rainer Wiertz mit Helga Bittner über sein kulturelles Wirken in der Stadt Neuss. Zugleich war das Publikum eingeladen, sich rege zu beteiligen. Und das tat es.

Beim zweiten NGZ-Kulturtreff sprach Rainer Wiertz mit Helga Bittner über sein kulturelles Wirken in der Stadt Neuss. Zugleich war das Publikum eingeladen, sich rege zu beteiligen. Und das tat es.

Foto: Lothar Berns

Dass Kultur immer dann neue Früchte trägt, wenn sie nicht bloß den Bestand verwaltet, sondern zur Entwicklung bereit ist, durften nun die Zuhörer in der Wetthalle erleben. Die NGZ hatte am Montagabend an die Rennbahn geladen. Am spielfreien Tag des Shakespeare-Festivals sollte es in unmittelbarer Nähe zum Globe auch um eben jenes gehen. Aber nicht nur. Denn weil die Gesprächskultur beim nunmehr zweiten Kulturtreff ausdrücklich gepflegt wurde, schlug die Diskussion bald andere Richtungen ein.

"Wir wollen nicht untereinander reden, sondern mit Ihnen", stellt NGZ-Redakteurin Helga Bittner gleich zu Beginn klar. Sie hatte Rainer Wiertz eingeladen, den Abend gemeinsam mit ihr zu gestalten. Wiertz ist Kulturreferent der Stadt Neuss, er verantwortet die Internationalen Tanzwochen, die Zeughauskonzerte und nicht zuletzt: das Shakespeare-Festival im Globe.

Er war dabei, als der Theater-Nachbau an die Rennbahn kam. "Das Globe stand vorher ungenutzt auf einer Wiese in Rheda-Wiedenbrück", erinnert er sich. Für 650 000 Mark kauften es die Stadt und der Bauverein. Im Mai 1991 fand das erste Shakespeare-Festival mit vier Vorstellungen von einer einzigen Company statt.

Heute gestalten die Theatermacher eine einmonatige Spielzeit. Rainer Wiertz ist immer noch mit dabei. Das Festival strahlt über die Stadtgrenzen hinaus. "Ist es dann nicht schade, das Globe nur so selten zu bespielen?", fragt Helga Bittner. Einerseits ja, antwortet Wiertz. Andererseits schätze er die Einmaligkeit des Festivals. "Was macht man, wenn man die Spielzeit auf den ganzen Sommer ausweitet?", fragt er zurück und lieferte die Antwort gleich mit: "A lot of Firlefanz."

Qualität mache den Unterschied, sagt er, und das zeigt Wirkung: Nach den ersten Tanzwochen gründeten sich Tanzschulen in der Stadt, nach den ersten Theater-Festivals etablierte sich Shakespeare auch in anderen Neusser Spielstätten. Nicht immer aber geht es so.

"Es funktioniert nur, wenn es verdammt gut gemacht ist", sagte Reinhard Knoll, Leiter der Musikschule und Kulturtreff-Gast. Ihm geht es um Kulturvermittlung, darum, den Nachwuchs zu begeistern. Aus seiner Praxis weiß Knoll: "Der Transport vom Machen zum Hören ist nicht selbstverständlich."

Viele Künstler und Kulturschaffende diskutieren mit. Sie kennen das Problem der Vermittlung und suchen Lösungen: Die Ansprache ist entscheidend, betonen die einen, alles konsumgerecht darzubieten, sei falsch, mahnen die anderen. Es geht nun um Breitenkultur und Spezialinteressen, um den städtischen Kulturetat und längst nicht mehr um Shakespeare. Das macht nichts, die rund 50 Gäste haben ihrerseits den Schwerpunkt bestimmt, auch Rainer Wiertz ist um polarisierende Beiträge nicht verlegen. Kunst oder Musik andauernd zu erklären, etwa bei so genannten Gesprächskonzerten, lehnt er ab. "Ich finde dieses Gequatsche über Kunst unerträglich", sagt er. Der Widerspruch lässt nicht auf sich warten. Knapp zwei Stunden diskutieren die Teilnehmer, danach geht es in kleinen Gruppen weiter. Es gibt Gesprächsbedarf. Das zeigt dieser Abend.

(NGZ)
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