Neuss Strauß-Fan heute ein Grüner

Neuss · Vor fast 30 Jahren sorgte der damalige Kanzler-Kandidat Franz-Josef Strauß in Norf für einen emotionalen Auftritt. Einer, der ihm zujubelte, war der damals 17 Jahre alte Michael Klinkicht.

 1980 Strauß-Fan, heute Fraktions-Chef der Neusser Grünen: Michael Klinkicht.

1980 Strauß-Fan, heute Fraktions-Chef der Neusser Grünen: Michael Klinkicht.

Foto: NGZ

Wo er am 27. August 1980 war? Michael Klinkicht überlegt, mit einem Schmunzeln im Gesicht kommt die präzise Antwort: "In Norf. Über dem Ort kreisten Hubschrauber." Nach fast 30 Jahren ist die Erinnerung kaum verblasst. Der Fraktionsvorsitzende der Neusser Bündnisgrünen kann sich noch gut an den Auftritt des damaligen CDU/CSU-Kanzlerkandidaten Franz-Josef Strauß vor dem Norfer Gymnasium erinnern.

 Gruppenbild mit Damen: Kanzler-Kandidat Franz-Josef Strauß war bei seinem Besuch in Norf ein gefragtes

Gruppenbild mit Damen: Kanzler-Kandidat Franz-Josef Strauß war bei seinem Besuch in Norf ein gefragtes

Foto: W. Maes

Und an das Foto in der NGZ, dass ihn als 17-Jährigen zeigt, der ein Strauß-Foto in die Höhe hält. Der Grüne war damals Mitglied der Schüler-Union. "Und ein Strauß-Fan", sagt er. "Es gab damals harte — natürlich nur verbale — Gefechte gegen die Linken, die Pro-DDR-Sympathisanten. Ich habe mich stark engagiert und war ein absoluter Befürworter der damaligen CDU/CSU-Politik." Beeindruckend an Strauß fand der junge Mann "die klaren Worte, kein Wischi-Waschi wie es heute meist üblich ist. Genauso wie bei Herbert Wehner. Diese beiden haben mich politisch geprägt."

Als Strauß in Norf zu Gast war, war für die Nachwuchskräfte der CDU klar, "dass wir weit nach vorne mussten, vor die vielen Störer, und dass wir etwas hochhalten mussten, damit die nicht ins Blickfeld kamen." So entstand die Szene, in der Klinklicht auf den Schultern eines Kumpels saß, mit Strauß-Button auf dem Hemd, und das Foto von Franz-Josef Strauß hochhielt.

7000 Besucher und 500 Polizisten sorgten im August 1980 für einen Ausnahmezustand in Norf. Dorthin war man ausgewichen, weil in Neuss angesichts des Bürger-Schützenfestes politischer "Burgfrieden" herrschte. Die NGZ schrieb damals: "Strauß sprach Klartext, wie man ihn kennt, dabei auch hemdsärmelig. Bei drückender Schwüle war dies für ihn und andere eine Marscherleichterung."

Der "krasse Bruch", so Klinkicht, folgte wenig später. 1983 schloss sich der Norfer den Grünen an, mischte auch zu der Zeit kräftig in der Hausbesetzer-Szene mit. "Das Bild der etablierten Parteien geriet für mich in Widerspruch zu den tatsächlichen Verhältnissen." Konkret waren es zwei Themen, die ihn mit der Union brechen ließen: "Die große Zahl an Wohnungs- und Obdachlosen in Neuss bei gleichzeitigem Leerstand von Wohnungen. Nur, um mit Spekulationsobjekten Geld zu machen." Zweitens fehlte ihm in der politischen Arbeit der Umweltgedanke. "Erst durch die Grünen haben die etablierten Parteien notgedrungen Umweltthemen in ihre Programme aufgenommen. Aus Überzeugung nicht, das hat sie einfach nicht interessiert."

Als Klinkicht die Fronten wechselte, legte er die Karten auf den Tisch: "Ich habe den Grünen als erstes gesagt, dass ich bei der Schüler-Union und großer Fan von Strauß war. Die haben mich trotzdem genommen."

(NGZ)
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