Neuss Steinmetz und Seelentröster

Neuss · Steinmetz Wilfried Betz erschafft seit 40 Jahren Grabsteine – er legt besonderen Wert auf engen Kontakt zu den Angehörigen. Zum Totensonntag werden viele von ihnen auf die Friedhöfe gehen und der Verstorbenen gedenken.

 Für Steinmetz Wilfried Betz sind die Gespräche mit den Angehörigen wichtig, um den richtigen Grabstein zu entwerfen.

Für Steinmetz Wilfried Betz sind die Gespräche mit den Angehörigen wichtig, um den richtigen Grabstein zu entwerfen.

Foto: Andreas Woitschützke

Steinmetz Wilfried Betz erschafft seit 40 Jahren Grabsteine — er legt besonderen Wert auf engen Kontakt zu den Angehörigen. Zum Totensonntag werden viele von ihnen auf die Friedhöfe gehen und der Verstorbenen gedenken.

Er ist so etwas wie ein letztes Geschenk, eine Art Visitenkarte und in seiner steinigen Beschaffenheit ein Symbol für Ewigkeit: der Grabstein. Hinter jedem Stein verbirgt sich eine Geschichte, stecken Verzweiflung und Trauer, Hoffnung, Angst und Erleichterung. Und weil jeder verstorbene Mensch einzigartig war, soll auch jedes Grabmal auf seine Weise einzigartig sein. Wilfried Betz kümmert sich seit 40 Jahren darum, dass Eltern, Kinder und Geschwister von Verstorbenen genau den Grabstein bekommen, den sie sich wünschen.

Betz ist Bildhauer und Steinmetz und schätzt seinen kreativen und handwerklichen Beruf sehr. "Die Ideen kommen mir überall", sagt Betz, der im Geschäft von seiner Ehefrau Brigitte unterstützt wird. "Aber die wichtigsten Impulse geben natürlich die Angehörigen." Deren Zufriedenheit liegt Betz sehr am Herzen, was seine Frau bestätigt: "Es gibt nichts Schöneres als Kunden, die sich über ihren Grabstein freuen." Damit dies gelingt, trifft sich Betz manchmal drei-, viermal und häufiger mit den Angehörigen und lässt sie auf diese Weise am Entstehungsprozess des Grabmals teilnehmen und zu jeder Zeit ihre Meinung kundtun.

"Die Gespräche mit den Familien gehen manchmal richtig unter die Haut", erzählt Brigitte Betz. "Vor allem, wenn die Verstorbenen Kinder waren." So ist Betz zuweilen mehr als ein Steinmetz: ein Zuhörer und Tröster, dem nicht wenige Angehörige sich in diesen schweren Momenten des Abschieds und des Verlustes anvertrauen. "Die Distanz zwischen mir und dem Kunden kann dabei hilfreich sein", so Betz. Gleichzeitig möchte er in den Gesprächen dem Verstorbenen näherkommen, seine Eigenschaften und Vorlieben so gut wie möglich kennenlernen.

Wenn er dann mit Meißelhammer und Bohrmaschine an die Arbeit geht, konzentriert sich Betz jedoch vollkommen auf die möglichst perfekte Vollendung seines Werkes. "Dabei spielt es keine Rolle, wie alt der Verstorbene war", sagt er. Ein Grabstein für ein Kind stellt hin und wieder aber besondere Ansprüche an seine Tätigkeit, wenn zum Beispiel ganz bestimmte Motive gewünscht werden. "Vor einiger Zeit haben wir einen Stein mit Bildern aus ,Lauras Stern' gemacht", sagt Brigitte Betz. In solchen Fällen blättert der 65-jährige Bildhauer auch mal in Kinderbüchern.

"Früher war die Grabsteingestaltung konservativer", erinnert sich Betz, der schon als Kind gern seinem Onkel zugesehen hat, der Steinmetz in Unterfranken war. "Die Entwicklung hin zu freieren Formen kommt mir aber entgegen, dadurch macht die Arbeit noch mehr Spaß."

(NGZ)
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