Die NGZ stellt jede Woche einen Neusser Stadtteil vor - seine Menschen, seine Vorzüge sowie viele Tipps. Speck/Wehl, Helpenstein bilden die zehnte Folge.

Speck/Wehl, Helpenstein in ZahlenEinwohner insgesamt: 1295davon Frauen: 646Einwohner unter 18: 217davon weiblich: 112Einwohner über 65: 225davon Frauen: 117Ausländer: 51Anteil an der Bevölkerung: 3,9 ProzentHaushalte/Wohnungen: 557Hartz IV-Empfänger: 24Fläche: 3,91 QuadratkilometerBevölkerungsdichte: 430 pro km2Kirchen: -Schulen: -Kindergärten: 1

Schützenfeste, Kirmes und Karneval - von allem hat Anja Löhnhardt (41) was im Blut. Als Duo ist sie mit Freundin Anita durch die Karnevalssäle gezogen; seit Oktober trainiert sie die Gillbach-Boys, ein Männerballett mit zwölf Akteuren, das gestern beim Auftritt in Speck-Wehl viel Beifall bekommen hat. Anita lebt gern in Wehl und denkt noch oft an die Zeit zurück, als sich die Jugend am Gillbach traf. „Das ist heute anders“, so Anja Löhnhardt, „die Kleinsten können zwar im Dorf toll spielen, doch für die Älteren fehlt ein Freizeittreff.“ Zweiter Wunsch: Der Bus nach Neuss, der auf der B 477 an der gegenüberliegenden Seite der Wehler Dorfstraße seine Haltestelle hat, ist meist nur durch schnelle Spurts zu erreichen: „Ich wünsche mir einen gesicherten Überweg.“

Für Mark Odenthal, den Chef der Karnevalsgesellschaft Blau-Weiß, begann gestern mit einer Prunksitzung die heiße Phase der närrischen Session. Hinter ihm liegen Tage des Planens, vor ihm die heutige Kostümparty „White Night“. Gemeinsam mit Ehefrau Silke und der acht Monate alten Tochter Caroline wohnt er in Speck. Odenthal ist ein Vereinsmeier, so gehört er der Dorfgemeinschaft und der Kirmesgesellschaft an. Natürlich ist er seit 1987 auch im Tambourcorps dabei. Musik ist überhaupt sein Hobby; gern spielt er mit Freunden von „That´s Life“ Gitarre. In Neuss geboren, wohnte er vorher in Wehl; nach Speck war der Umzug nicht weit. „Ich bin auch ein Landei“, sagt Odenthal von sich selbst. Mit all seinen Vorteilen: „Man kennt sich, man spricht miteinander.“ Sicherlich sei die Mobilität ein Problem. Was aber machbar wäre: Ein Büdchen mit einem guten Sortiment würde sich in Speck oder Wehl sicherlich lohnen.

An warmen Tagen stehen die Fahrräder dicht an dicht, dann füllen Spaziergänger und Radler den schönen Biergarten nahe der Erft. Wer auf den Wegen rund um Speck-Wehl und Helpenstein oder entlang der Erft unterwegs ist, der kehrt gern „Am Fusseberg“ bei kühlen Getränken und deftigen Speisen ein. Das Lokal genießt bei bei Einheimischen und bei Ausflüglern einen guten Ruf. Gabriele Horst führt das von ihren Eltern übernommene Gasthaus bereits in der fünften Generation. Der Biergarten ist geöffnet, so bald es die Witterung erlaubt.

Vor 35 Jahren gründeten einige sportbegeisterte Helpensteiner die „Fusseberg Kickers“. Damit war der Anfang einer bemerkenswerten Geschichte geschafft. Denn die Kicker, die in der Freizeitfußballliga des Kreises 5 Neuss/Grevenbroich des Fußballverbandes Niederrhein spielen, sind mit mehr als 20 Titeln auf dem Feld und in der Halle die erfolgreichste Mannschaft dieser Gruppe. „Wir verstehen uns als Hobby-Fußballer“, so Winfried Titze, der in Speck wohnt. Beinahe jeder Haushalt in Helpenstein stellt zumindest ein aktives oder auch passives Mitglied der „Fusseberg Kickers“.

Der Strategische Bahndamm westlich von Helpenstein ist Teil einer niemals fertiggestellten Eisenbahnstrecke zwischen dem Ruhrgebiet und Frankreich. Die unvollendete Trasse mit einer Länge von 13 Kilometern verbindet Holzheim und Rommerskirchen. Nach Wünschen des Militärs sollte die Strecke ursprünglich als Umgehung der Eisenbahn-Engpässe von Köln und Düsseldorf dienen. Mit dem Bau wurde 1904 begonnen, das Vorhaben jedoch nicht zu Ende geführt, da die Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg und die Abrüstungsvereinbarungen im Vertrag von Versailles einer Vollendung entgegenstanden. Heute ist der Strategische Bahndamm mit seinen Baumalleen ein Fuß- und Reitweg, der als Bodendenkmal geführt wird. Auch die Auen zwischen Erft und Gillbach sind ein gern genutztes Freizeitrevier. Umgeben von Wiesen und Feldern sind sie ein beliebtes Naherholungsgebiet für Spaziergänger und Radfahrer.

Wie das Viertel entstandSchon vor über 5000 Jahren gingen die Menschen der Steinzeit in den Erft-auen auf Jagd. Als erstes der drei Dörfer im Südwesten von Neuss wurde Wehl 817 schriftlich erwähnt.Bereits ab 1670 gehörten Speck und Wehl zu Hülchrath und Neukirchen, Helpenstein zählte dama ls 17 Häuser. Die Straße Auf den Stöcken erinnert an eine Richtstätte, wo 1629dreizehn Frauen als Hexen hingerichtet wurden.Die Franzosen kamen 1794. Aus jener Besatzungszeit stammt auch die Tradion des „Hahneköppens“: Dem gallischen Hahn wurde der Kopf abgeschlagen. Ab 1815 gehörten die drei Dörfer zur Gemeinde Hülchrath und waren Teil des Kreises Grevenbroich.1929 folgte die Umbenennung in Gemeinde Neukirchen. Mit der Kommunalen Neugliederung 1975 wurden die drei kleinen Dörfer schließlich dem Neusser Stadtgebiet zugeschlagen.