Neuss Stadt will neues Baurecht für Flüchtlingsquartiere

Neuss · Die Unterbringung von Flüchtlingen bereitet der Stadt große Sorgen. Noch ist keine der 27 geplanten Notunterkünfte in Betrieb, da wächst vielerorts der Widerstand. Eine Bürgerinitiative in Hoisten hat am Dienstagabend bei der Bürgerinfo dem Sozialdezernenten Stefan Hahn angekündigt, gegen den geplanten Standort an der Welderstraße zu klagen.

Was ist was - Begriffe zum Thema Flüchtlingsunterkünfte
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Foto: dpa, rwe lof

Dort will die Stadt eine zweigeschossige Container-Unterkunft für knapp 90 Asylbewerber bauen. Die Pläne dazu stellte Hahn am Dienstagabend vor. Bereits in der Vorwoche hatten auch in Selikum Bürger eine Klage gegen den Standort einer Unterkunft für 48 Flüchtlinge angekündigt. Beide sollen im Sommer fertig sein. "Die Systeme sind überfordert, wir sind alle nicht in der Lage, reguläre Unterkünfte für Flüchtlinge zu schaffen", sagte Hahn den etwa 150 Bürgern in Hoisten.

Die Stadt kalkuliert nun mit bis zu 200 Zuweisungen in der Woche. "Diese Zahl raubt uns den Atem. Deshalb mussten wir Pläne und Standortentscheidungen deutlich beschleunigen." Eine Diskussion über die Standorte lehnt Hahn deshalb ab. Genau das fordern aber die Hoistener. Der Ärger ist groß, etwa weil die Einrichtung zweigeschossig werden soll - in der Nähe einer eingeschossigen Bungalow-Siedlung. "Sie können nicht erwarten, dass irgendjemand auf Ihrer Seite steht", schimpfte ein Teilnehmer. Die Baugenehmigung solle laut Hahn im November vorliegen und werde dann den Anwohnern zugestellt. Die wollen dann klagen, weil der Bau nicht mit dem Bebauungsplan vereinbar sei und schlagen einen anderen Standort in Hoisten vor. "Sollte die Stadt sich ihr Vorhaben genehmigen, so werden wir im Eilverfahren einen sofortigen Baustopp zu erwirken versuchen", kündigte Rechtsanwalt Frank Oehl an.

Die Stadt gewinnt unterdessen ein wenig Zeit. In Kürze soll die Zentrale Unterbringungseinrichtung des Landes im "Alex" auf 2000 Plätze erweitert werden. Bisher leben dort 1150 Asylbewerber. Diese werden der Stadt auf die Zuweisungen angerechnet. Noch gibt es daher keine neuen Flüchtlinge, die die Stadt unterbringen müsste.

Die Probleme durch die steigenden Flüchtlingszahlen waren für Bürgermeister Herbert Napp auch Thema bei der Immobilienmesse Expo Real in München. Die Kommunen stünden nicht nur vor der "gewaltigen Aufgabe", die Menschen kurzfristig in Notquartieren unterzubringen: "Wenn Integration gelingen soll, müssen wir für Menschen, die bleiben, schnell vernünftige, bezahlbare Wohnungen bauen." Das Problem sieht Napp angesichts günstiger Zinsen und Förderprogramme nicht bei der Finanzierung. "Ein Flaschenhals, der uns bremst, entsteht durch das Baurecht und die Knappheit an Grundstücken." Für die Kommunen bedeute das: "Zusammenrücken, schneller arbeiten, flexibler werden." Gleichzeitig müsse der Gesetzgeber das komplexe Baurecht der Notsituation angepasst vereinfachen, um Neubauten schneller realisieren zu können. Das war auch Thema eines Gesprächs Napps mit Staatssekretär Gunther Adler aus dem Bauministerium in Berlin.

Bei ihm drängte Napp auch auf eine Neuregelung für die Unterbringung von Flüchtlingen in Wohncontainern. Nach derzeitigem Stand dürfen die Container an einem Standort nur zwei Jahre genutzt werden. "Das rechnet sich nicht und macht auch keinen Sinn", sagt Napp. Der Standard in den neuen Containern sei vergleichsweise hoch, eine längere Nutzung kein Problem. Theoretisch müsse die Stadt die Container teuer leasen, dann würden sie nach zwei Jahren ab- und in einer anderen Stadt wieder aufgebaut. Napp bevorzugt deshalb den Kauf von Containern und will diese, wenn nötig, länger stehen lassen: "Auch hier muss der Gesetzgeber nachbessern."

(NGZ)
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