Jahrbuch für Neusser Kultur und Geschichte Ein Blick auf Hansetag und Limes-Debatte

Neuss · Das Jahrbuch „Novaesium“ der Stadt liegt vor. Selbst historische Themen versucht es erfolgreich in die Zukunft zu verlängern. Die 15. Ausgabe des Jahrbuches untersucht auch das Werk von Walter Ophey und Ernst Mollenhauer.

 Uta Husmeier-Schirlitz, Christiane Zangs und Jens Metzdorf (v.l.) präsentieren das Jahrbuch „Novaesium“ 2018.

Uta Husmeier-Schirlitz, Christiane Zangs und Jens Metzdorf (v.l.) präsentieren das Jahrbuch „Novaesium“ 2018.

Foto: Woitschuetzke,Andreas (woi)

Späte Ehrung für Kaiser Friedrich III: Der 1493 verstorbene Kaiser ziert den Einband des Jahrbuches „Novaesium“, denn ihm verdankt die Stadt nach glücklich überstandener Belagerung Privilegien, die sie einer Hansestadt vergleichbar machte. Ob Neuss nach 1475 Hansestadt war oder nicht, ist oft und auch kontrovers diskutiert worden. Doch noch nie wurde der Frage nachgegangen, warum sich der Kaiser zur Verleihung dieser Rechte entschied. „Er wollte Köln helfen“, fasst Stadtarchivar Jens Metzdorf eine Kernthese von Margrit Schulte Beerbühl in ihrem Aufsatz „Neuss und die Hanse“ zusammen, der, so ist er überzeugt, „noch oft zitiert wird“. Denn Köln war gerade aus der Hanse ausgeschlossen worden und brauchte Neuss als Schlupfloch, um mit diesem Städtebund im Geschäft bleiben zu können.

Ein Beitrag zur Hanse mag nach Schnee von gestern klingen, in der 15. Auflage des „Novaesium“ darf er aber als Beleg für einen erfolgreichen Versuch dienen, ein historisches Thema in die Zukunft zu verlängern. Das geschieht bei diesem Thema mit der Verbindung zum Hansetag, bei dem Neuss im Jahr 2022 die Städte aus der Hanse der Neuzeit zu Gast haben wird.

Einen weiteren Beitrag mit gleicher Zielrichtung legen Carl Pause und Andreas Wegert mit ihrer Arbeit über „Römische Ziegelstempel und die Baugeschichte der Militärlager von Novaesium“ vor. Anlass dazu bietet die aktuelle Debatte, den Limes, die römische Grenzbefestigung am Rhein, in das Unesco-Weltkulturerbe aufzunehmen. Dabei kommen beide zu neuen Erkenntnissen, die, so Museumsleiterin Uta Husmeier-Schirlitz als Mitherausgeberin des Novaesium, alten Darstellungen widersprechen. Pause sei überzeugt, sagt sie, dass schon das sogenannte Koenenlager vor der Mitte des ersten Jahrhunderts in Stein errichtet worden war. Und über den Abgleich mit Münzfunden kommt der Autor zu der Überzeugung, dass das kleinere Alenlager an gleicher Stelle, das von einer Einheit der Reiterei benutzt wurde, bis ins vierte Jahrhundert bestand. Länger als bislang angenommen.

Die genannten Aufsätze behandeln im aktuellen Jahrbuch der Stadt die Schwerpunktthemen für Stadtgeschichte und zur Archäologie. Das Novaesium wäre aber nicht komplett, betont Kulturdezernentin Christiane Zangs, ohne einen Kunst-Schwerpunkt. Einen setzt Martin Langenberg, der sich den kalligrafischen Landschaften Walter Opheys widmet und diesen Expressionisten, so Husmeier-Schirlitz, „als Künstler mit lokaler Anbindung vorstellt“. Thomas Brandt wiederum zeichnet ein Porträt des ostpreußischen Malers Ernst Mollenhauer, der nach dem Zweiten Weltkrieg ins Rheinland verschlagen wurde. Brandt arbeite heraus, dass „es seine künstlerische Berechtigung hat, diesen Künstler in die Reihe der rheinischen Expressionisten zu stellen“.

Wer sich den Beiträgen – plus Chronik auf 340 Seiten ausgebreitet – nähert, sollte nach Ansicht von Zangs mit Norbert Hummels Zeilen über „Mein Bild von Neuss“ beginnen. Angestoßen wurden diese durch ein Schreiben der Stadt an den in Berlin lebenden Dichter, um ihm zur Verleihung des Hölty-Preises für Lyrik zu gratulieren. Als Reaktion darauf sagte er einen Beitrag zu. Aus dem hört Zangs „eine große aber völlig unsentimentale Liebe zu Neuss“ heraus. Aktuell ihr Lesetipp.

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