Klimaschutzdebatte in Neuss Was tun mit städtischen RWE-Aktien?

Neuss · Klimaschützer fordern die Stadt über eine Petition auf, ihre Anteile an dem Energiekonzern abzustoßen und dessen Politik nicht länger mit Steuergeldern zu unterstützen. Die Politik diskutiert den Punkt in einer Sondersitzung.

 Der RWE-Konzern setzt vorerst weiter auf die Braunkohle-Verstromung. Das sollen die Kommunen nicht länger unterstützen, sagen Kritiker.

Der RWE-Konzern setzt vorerst weiter auf die Braunkohle-Verstromung. Das sollen die Kommunen nicht länger unterstützen, sagen Kritiker.

Foto: dpa/Oliver Berg

Auch rheinauf, rheinab wird in den Kämmereien von Städten und Kreisen aktuell die Frage diskutiert: Was tun mit den RWE-Aktien? Auf die Tagesordnung kommt das Thema meist durch eine landesweit angestoßene Kampagne. Über eine Petition hat das Thema jetzt auch Neuss erreicht. „Diesen Konzern mit Steuermitteln zu unterstützen, ist völlig inakzeptabel“, betont der nicht in Neuss lebende Petent, der die Stadt auffordert, ihre Aktien abzustoßen. Doch davon will Kämmerer Frank Gensler aktuell nichts wissen.

Das letzte Wort ist in der Sache aber noch nicht gesprochen. Am Freitag, 11. Oktober, werden sich der Haupt- und der Umweltausschuss in einer gemeinsamen Sondersitzung zu Fragen des Klimaschutzes auch mit dieser Frage befassen müssen. Denn zu den 25 Anträgen, die die Fraktionen für dieses Treffen formuliert haben, gehört auch der Antrag der Linken, sich an dieser Divestment-Kampagne zu beteiligen – oder über die Aktionärsrechte Einfluss auf die Umweltpolitik des Energiekonzerns zu nehmen.

Groß ist der nicht. Seit Jahren hält die Stadt 78.230 Stammaktien an dem Konzern. Das entspricht nach Genslers Darstellung einer Beteiligungsquote von 0,01 Prozent am Unternehmen. Weit kommt man damit nicht. Das weiß auch Roland Sperling, Fraktionsvorsitzender der Partei „Die Linke“. Er setzt deshalb auf den „Verband der kommunalen RWE-Aktionäre“ (VKA), dem auch die Stadt Neuss angehört. Und er will wissen, inwiefern sich die Stadtverwaltung an strategischen Debatten des VKA überhaupt beteiligt.

Die Kampagne, die darauf drängt, dass möglichst viele Kommunen bei RWE aussteigen, macht diese Forderung an dem Ringen um den, von Umweltaktivisten zum Schutz vor Abholzung besetzten, Hambacher Forst fest. Er sollte gerodet werden, um die darunter liegende klimaschädliche Braunkohle fördern zu können. Nur um des Profits willen würden – politisch legitimiert – das Klima und damit die Lebensgrundlage zukünftiger Generationen zerstört, heißt es in der Petition an den Beschwerdeausschuss. Als Aktionär, so heißt es darin weiter, unterstütze die Stadt mit Steuergeldern solche Entscheidungen des Konzerns. Die Aktien weiter zu halten, sei daher skandalös, unsozial und ökonomisch falsch.

Wäre der Verkauf besser? Wenn alle kommunalen Aktionäre ihre Anteile abgeben und so den VKA aushöhlen würden, schwäche das auch die Möglichkeiten, im Verbund positiv Einfluss auf RWE-Entscheidungen zu nehmen, sagt Sperling.

Eine andere Frage ist, ob der Verkauf derzeit wirtschaftlich sinnvoll ist. Den Ausstieg bei RWE haben politische Gremien in Neuss in der Vergangenheit schon mehrfach diskutiert. Zuletzt kam ein entsprechender Antrag im Jahr 2015 auf den Tisch, auch damals von den Linken vorgetragen. „Retten, was zu retten ist“, nannte Sperling damals die Begründung für den Verkauf des ständig an Wert verlierenden Wertpapiers. Da war die Talsohle der Kursentwicklung noch nicht erreicht. Das kam erst ein Jahr später.

Als die Stadt 2007 ihr Rechnungswesen auf das „Neue kommunale Finanzmanagement“ (NKF) umstellte und damit in der Buchführung den kaufmännischen Grundsätzen folgte, wies die Eröffnungsbilanz ein Eigenkapital von 900 Millionen Euro auf. 5,8 Millionen Euro entfielen davon auf die RWE-Aktien, die mit einem Nennwert von 75,33 Euro pro Stück bewertet waren. Dieser Wert wurde bis 2016 auf den Tiefststand von 11,71 Euro pro Aktien abgeschrieben, sagt Gensler. In der Jahresrechnung für 2018 wird der Wert des Aktienpaketes daher mit 916.073 Euro angegeben. Und im Etat für das noch laufende Jahr sind 39.000 Euro Dividende aus diesem Besitz der kleinste Posten auf der Einnahmeseite.

Inzwischen, sagt Gensler, liege der Wert bei 19 Euro pro Stück. „Wir glauben, dass er eher weiter rauf- als noch einmal runter geht.“ Genslers Rat: Halten und abwarten.

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