Neuss "Stadt hat nicht Wort gehalten"

Neuss · Interview Deutliche Kritik übt Albert Wunsch (67) vom Haus der Jugend an dem Vorgehen von Sozial- und Jugenddezernent der Stadt Neuss, Stefan Hahn. Wunsch war Leiter des katholischen Jugendamtes.

Der Streit um die Zukunft der Jugendarbeit in Neuss schwelt weiter. Kernpunkt ist die von Sozial- und Jugenddezernent Stefan Hahn in die Diskussion eingeführte mögliche Schließung des Hauses der Jugend am Hamtorwall und die Bündelung der Angebote im Café Greyhound am Hafen. Dieses Konzept wird von dem für das Haus der Jugend zuständigen Verein "Offene Tür Neuss" mit Kreisdechant Monsignore Guido Assmann an der Spitze energisch abgelehnt. Jetzt meldet sich Albert Wunsch zu Wort. Der frühere Leiter des Katholischen Jugendamtes ist seit 1969 im Verein für das Haus der Jugend zuständig. Wunsch ist Dozent an der Katholischen Fachhochschule in Köln und Autor erfolgreicher sozialpädagogischer Fachbücher.

Herr Wunsch, wie kommt es zu der aktuellen Diskussion um die künftige Jugendarbeit in Neuss?

Albert Wunsch Der kirchliche Verein "Offene Tür und Stadt" machen sich seit einiger Zeit Gedanken über die Neugestaltung der Jugendarbeit in Neuss. Ausgangspunkt dabei sind Sparbemühungen der Stadt, die in der offenen Jugendarbeit jährlich 130 000 Euro einsparen will. Dabei sollen zunächst alle Fragen ergebnisoffen zusammengestellt und diskutiert werden.

Wie weit ist dieser Prozess gediehen?

Wusch In einer Zukunftswerkstatt sollte dieser Prozess vorangetrieben werden. Dabei ist Stillschweigen verabredet worden, bis voraussichtlich im Herbst ein Ergebnis vorgelegt werden kann. Dieses Verfahren ist noch in vollem Gange.

Dieser Prozess wurde aber offenbar unterbrochen. Wie kam es dazu?

Wunsch Die Stadt hat sich offenbar nicht an diese Verabredungen gehalten. Dezernent Stefan Hahn legte sich öffentlich auf das Konzept fest, das Haus der Jugend zu schließen und das Angebot beider Einrichtungen im Greyhound am Hafen zu konzentrieren.

Wie haben Sie darauf reagiert?

Wunsch Ich war und bin verwundert. über die Stadt. Ich muss die Frage nach der Verlässlichkeit der Stadt stellen, eine einmal getroffene Vereinbarung auch einzuhalten. Sie hat nicht Wort gehalten.

Was kritisieren Sie inhaltlich?

Wunsch Die Vorstellungen der Stadt widersprechen völlig dem Subsidiaritätsprinzip. Das besagt, dass die Stadt in der Jugendarbeit nur dann eigene Einrichtungen anbietet, wenn sich kein freier Träger findet. Hier aber ist die katholische Kirche seit mehr als 40 Jahren mit dem Haus der Jugend erfolgreich. Das Subsidiaritätsprinzip ist seit Jahrzehnten das erfolgreiche Fundament Neusser Jugend- und Sozialpolitik.

Und das Café Greyhound?

Wunsch Das Café Greyhound mit ursprünglichem Standort am Busbahnhof ist nie aus einer Bedarfsplanung für die Jugendarbeit in Neuss entstanden.

Sondern?

Wunsch Das Café Greyhound wurde vor etwa 35 Jahren mit Protesten Jugendlicher und versuchten Hausbesetzungen erstritten. Die Stadt hat den Jugendlichen damals nachgegeben und den Pavillon am Busbahnhof überlassen. Das Haus der Jugend dagegen wurde nach einer Bedarfsanalyse gegründet.

Was stört Sie an der Lösung, beide Einrichtungen im heutigen Greyhound am Hafen zusammenzufassen?

Wunsch Die Räumlichkeiten dort sind mit der großen Halle denkbar ungeeignet für die Gruppenarbeit. Eine Aufteilung in kleinere Raum-Einheiten ist nur mit sehr hohem finanziellen Aufwand möglich. Das widerspricht dem Spar-Gedanken.

Und das Haus der Jugend am Hamtorwall?

Wunsch Dort hat sich mit sechs einzelnen Räumen die Gruppenarbeit bewährt. Und mit geringem Aufwand können weitere Räume in die Arbeit mit einbezogen werden.

Wie wird es jetzt weitergehen?

Wunsch Wir müssen wieder an einen Tisch. Und ich bin optimistisch, dass wir eine Lösung finden werden.

Chris Stoffels führte das Gespräch.

(NGZ)
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