St. Quirin in Neuss Romanische Nacht ein letzter Glanzpunkt

Neuss · Nach 25 Romanischen Nächten ist nun Schluss. Die musikalischen Kräfte in St. Quirin überzeugten zum letzten Mal.

 Münsterkantor Joachim Neugart hat durch die letzte Romanische Nacht geführt.   Foto: Archiv

Münsterkantor Joachim Neugart hat durch die letzte Romanische Nacht geführt. Foto: Archiv

Foto: Neugart

„Und alles ist anders“ lautete das Thema der 25. Romanischen Nacht in der Basilika St. Quirin. Das Motto hatte mindestens doppelte Bedeutung, denn – wie Münsterkantor Joachim Neugart den gut 120 Zuhörern zu Beginn erklärte – es war die letzte Nacht. Zu Nerven aufreibend war „in einem Vierteljahrhundert mit einem gewaltigen musikalischen Bogen“ das Ringen um Publikum und Gelder geworden. Noch einmal hatte der Münsterkantor alle musikalischen Kräfte der Neusser Hauptkirche aufgeboten und in der letzten Stunde um die renommierten „Kölner Vokalsolisten“ erweitert.

Die erste Stunde gestalteten der Münsterchor und die „Sinfonietta am Quirinusmünster Neuss“ mit der „Berliner Messe“ von Arvo Pärt. Der estnische Komponist hat sie 1990 für Soli und Orgel zum 90. Deutschen Katholikentag in Berlin geschrieben, später für vierstimmigen Chor und Streichorchester bearbeitet. Weil der Komponist der „neuen Einfachheit“ sie als Teil der Pfingstliturgie betrachtet, hat er Hallelujaverse zu Pfingsten und die Sequenz „Veni Sancte Spiritus“ in das lateinische Messordinarium integriert. Sanft sich entfaltende Melodien sang der Münsterchor im „Kyrie“ ungewohnt verhalten, um den „Gloria“-Einsatz prächtig zu gestalten. Dynamik und Tempi bleiben dem Interpreten überlassen.

Joachim Neugart hob auf die religiöse Tiefe des Komponisten ab und schaffte es, den Chor zum spannungsvollen und zugleich meditativen Klangkörper zu formen. Die Sinfonietta, die den Chor perfekt mit diatonischen Melodien und Akkorden begleitete, glänzte im Anschluss, um je zwei Hörner und Oboen erweitert, mit der „Symphonie Nr. 45 in fis-Moll“ von Joseph Haydn. Makellos rein das Spiel aller Instrumentalisten, die sich im abschließenden „Adagio“ nacheinander verabschiedeten und im Seitenschiff der Basilika verharrten. Haydn wollte wohl mit dem deshalb „Abschieds-Sinfonie“ betitelten Werk seinem Fürsten zeigen, wie urlaubsreif das Orchester war.

Aber auch ohne diese Anekdote war die musikalisch bedeutende Aufführung im Quirinus ein Erlebnis. „Conversion“ (Bekehrung) nannte der Kammerchor „Capella Quirina Neuss“, ebenfalls unter Joachim Neugart, die zweite Stunde und zog die Zuhörer tief hinein in die faszinierende Welt zeitgenössischer A-cappella-Chormusik. Das „Vidi speciosam“ des Briten Will Todd (49) war sogleich typisch für lupenreine Intonation und perfekte Stimmbeherrschung, kurz: für die hohe Gesangskultur dieser Stunde. Ganz rein der Sopran beim hohen „h“ des „rosarum“ und übertraf sich ebenso sauber bei Eric Whitacre’s achtstimmiger Motette „When David heard“ um einen halben Ton höher.

Daran schloss das sechsstimmige Ensemble der „Kölner Vokalsolisten“ nahtlos mit Kammermusik des 20. und 21. Jahrhunderts zu Transzendenz und Erlösung an. Der auffallend starke und lange Beifall nach jeder der drei Stunden war ganz sicher auch Dank für 25 Jahre hochkarätige „Romanische Nacht“.  

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