St. Martinus Holzheim in Neuss Zukunftsmodell für zu groß gewordene Kirche

Holzheim · Viele Kirchen sind ihren Gemeinden zu groß geworden. St. Martinus in Holzheim gehört dazu. Gerettet ist sie, weil das Pfarrzentrum in sie integriert wird.

 Die Stufen hinauf zum Altar werden verschwinden, wenn dieser auf die gegenüberliegende Turmseite verlegt wird. Das Jahrhunderte alte Kruzifix aber wird auch in einem um 180 Grad gedrehten Kirchenraum ein Blickfang bleiben.

Die Stufen hinauf zum Altar werden verschwinden, wenn dieser auf die gegenüberliegende Turmseite verlegt wird. Das Jahrhunderte alte Kruzifix aber wird auch in einem um 180 Grad gedrehten Kirchenraum ein Blickfang bleiben.

Foto: Thilo Zimmermann

Vom Neubau einer neuen katholischen Kirche ist in Neuss keine Rede mehr. Seit Joachim Kardinal Meisner am Allerheiligentag 2007 im Hospiz der Neusser Augustinerinnen eine Hauskapelle weihen konnte, ist kein Gotteshaus mehr dazu gekommen. Vielmehr kämpfen die Gemeinden heute um den Erhalt ihrer Kirche im Ort.

Mitunter tun sie das mit Erfolg. Einen solchen konnte Michael Tewes, leitender Pfarrer im Seelsorgeverbund Neuss-West/Korschenbroich, beim Neujahrsempfang der Holzheimer Kirchengemeinde verkünden: „Das Erzbistum Köln hat entschieden, kräftig in die Kirche St. Martinus zu investieren.“

Fünf Jahre habe man an dieser Lösung gearbeitet, sagt Tewes, der noch andere Baustellen in seinem Sprengel hat. „St. Elisabeth“ in Reuschenberg ist viel zu groß für die Zahl der Gläubigen, die sich sonntags dort zur Messfeier versammeln, und der Fortbestand der Hubertuskirche bleibt ungewiss. Aktuell, so berichtet Kreisdechant Guido Assmann, ist die Aufgabe von Kirchen aber in seinem Dekanat kein Thema – wohl aber deren Verkleinerung.

Für die Kirche St. Barbara im „Schlachthofviertel“ etwa wird derzeit eine Zukunftsidee gesucht. Die Filialkirche von St. Marien gehört zu den acht Projekten in Nordrhein Westfalen, die die Landesinitiative „StadtBauKultur“ im Rahmen ihres Projektes „Zukunftskonzept Kirchenräume“ ausgewählt hat. Der Ansatz: Die Kirche bleibt mit einem seelsorgerischen Angebot vor Ort präsent, findet aber für den überdimensionierten Kirchenraum in Teilen eine andere, eine soziale Nutzung. Auch das Holzheimer Projekt hätte in dieses Landesprogramm gepasst, doch liefen die Arbeiten schon, als dieses aufgelegt wurde.

Für die Zukunft der Kirche vor Ort waren viele Optionen diskutiert worden, bis hin zu der Idee, St. Martinus aufzugeben und die Kapelle von Kloster Kreitz zum Gottesdienstort zu machen. Davon ist keine Rede mehr, seit Kurs auf die jetzt eingeschlagene Lösung genommen wurde. „Das Ziel lautet, die Pfarrkirche und das Pfarrzentrum künftig unter einem Dach zu vereinen“, sagt Tewes. „Mit diesem Projekt im Herzen unseres Ortes machen wir das katholische Leben in Holzheim zukunftsfest.“

Als größte Herausforderung für dieses Vorhaben nennt der Architekt Richard Wichmann, dessen Büro nicht weniger als sieben unterschiedliche Entwürfe entwickelt hat, die Frage, wie man den sakralen Kirchenraum für derzeit 400 Gottesdienstbesucher so verkleinert, dass für die Gemeinde immer noch ein würdiger liturgischer Raum bleibt. Sein Lösungsansatz: Der Kirchenraum wird um 180 Grad gedreht, der Altar an die Seite des Turmes verlagert, in dem die Sakristei ihren Platz finden wird. Orgel und Empore werden in dem Zusammenhang in den Mittelteil versetzt. Der neue Haupteingang entsteht an der Südseite der Kirche. Durch ihn betritt man das Querschiff, das zu einer zentralen Halle wird. Von diesem Foyer geht es nach links in die Kirche, nach rechts in einen neuen Pfarrsaal. Alle drei Räume können bei Bedarf auch zusammengelegt werden, sagt Wichmann, der in einem Anbau an der Rückwand der Kirche Platz für Pfarrbücherei, Archiv sowie Besprechungen schaffen will – und für eine Küche. „Das äußere Erscheinungsbild der Kirche wird nahezu unverändert bleiben“, versichert Thomas Sistig vom Bauausschuss des Kirchenvorstandes.

Der Preis für die Lösung: Das Pfarrheim an der Hauptstraße, dessen Sanitär- und Heizungsanlagen sowie die Fenster marode sind, wird aufgegeben. Das Grundstück wird zusammen mit der alten Kaplanei und dem ehemaligen Petrusheim in Erbpacht an einen Investor gegeben. Diese Pachteinnahmen will die Gemeinde einsetzen, um ihren Eigenanteil an den über drei Millionen Euro Baukosten finanzieren zu können. Wie viel das Erzbistum davon übernimmt, sei noch offen, sagt Tewes. Frühester Baubeginn: 2021.

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