Interview: Heinz Mölder Sparkassen-Stiftungen reduzieren Förderung

Neuss · Wegen der geringeren Zinserträge müssen die Sparkassen-Stiftungen ihr Fördergeld anders einsetzen. Die Bandbreite soll aber bleiben.

Sparkassen-Vorstandsmitglied Heinz Mölder ist seit 1994 für die sieben Stiftungen des Geldinstituts zuständig.

Sparkassen-Vorstandsmitglied Heinz Mölder ist seit 1994 für die sieben Stiftungen des Geldinstituts zuständig.

Foto: Andreas Woitschützke

Neuss Seit mehr als 22 Jahren ist Heinz Mölder im Vorstand der Sparkasse Neuss zuständig für die Stiftungen des Geldinstituts, die regelmäßig Projekte im sozialen Bereich, im Sport und in der Kultur fördern. In den vergangenen Jahren konnten die Stiftungen rund 1,2 Millionen Euro pro Jahr weitergeben. Dieser Betrag wird in diesem und in den nächsten Jahren um die Hälfte reduziert werden müssen.

Herr Mölder, woran liegt es, dass die Stiftungen künftig nur noch 600 000 Euro für Ausschüttungen zur Verfügung haben?

Heinz Mölder Wir sind gehalten, das Kapital von 30 Millionen Euro unserer insgesamt sieben Stiftungen in sicheren Anlagen zu investieren und dürfen nur die Zinserträge ausgeben. Wir legen Geld, das fällig wird, immer wieder neu an, aber während wir dafür vor 10 Jahren noch vier Prozent Zinsen pro Jahr bekommen haben, sind es aktuell unter zwei Prozent.

Was heißt sichere Anlagen?

Mölder Mit unseren Kuratorien ist abgestimmt, dass das Stiftungskapital in Sparkassenprodukten ohne Kursrisiken angelegt wird. Die Niedrigzinsen der Europäischen Zentralbank treffen alle Stiftungen deutschlandweit, leider also auch uns.

Und das kann in den nächsten Jahren nicht korrigiert werden?

Mölder Sofern diese Zinspolitik anhält, werden wir die fälligen Anlagen erneut zu niedrigeren Zinssätzen anlegen müssen.

Das heißt, die Zuwendungen an Projekte oder Institutionen werden künftig geringer ausfallen.

Mölder Darauf wird es hinauslaufen, und das ist bereits in allen sieben Stiftungen seit 2012 so kommuniziert. Wir mussten Dauerförderungen halbieren, haben das den Empfängern aber frühzeitig angekündigt, so dass diese sich um andere Geldquellen bemühen konnten. Außerdem versuchen wir, über Kooperationen weitere Partner zu begeistern, die zu den Fördervorhaben passen. Spontan erinnere ich mich an viele gemeinsame Projekte, die wir mit der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland aus Düsseldorf umsetzen konnten, zuletzt beim Jubiläum der Internationalen Tanzwochen.

Die sollen dann einspringen?

Mölder Zumindest gibt es die Chance, dass wir Förderer vermitteln können, die genau zu diesem oder jenem Projekt passen. Wir suchen auch nach Unternehmen und Privatpersonen und haben dafür extra Mitarbeiter im Stiftungsmanagement und der Testamentsvollstreckung ausgebildet. Aktuell betreuen wir zehn Privatstiftungen und sind mit drei Kunden in konstruktiven Gesprächen für Stiftungsgründungen. Mittlerweile verfügen wir in der Sparkasse Neuss über hohes Expertenwissen.

Die Sparkasse hat sieben Stiftungen. Und jede hat ihr eigenes Gebiet?

Mölder Ja, die Jubiläumsstiftung und die Sparkassenstiftung Neuss fördern ausschließlich in Neuss, die Stiftung Kulturpflege und Kulturförderung im Rhein-Kreis in Grevenbroich, Dormagen, Meerbusch, Rommerskirchen und Jüchen. Für die gerade genannten Kommunen gibt es noch die Sparkassenstiftung der Kreissparkasse Grevenbroich im Rhein-Kreis Neuss. Für Kaarst und für Korschenbroich gibt es jeweils eine eigene Stiftung. Und auch der Sport hat mit der Stiftung Sport der Sparkasse Neuss und des Rhein-Kreises eine eigene Fördereinrichtung. Dass es für die drei Städte eigene Stiftungen gibt, hat mit der früheren Eigenständigkeit der ehemals selbstständigen Sparkassen zu tun.

Wie viele Förderanträge werden pro Jahr in den sieben Stiftungen bewilligt?

Mölder Seit 1978, dem Gründungsjahr unserer ersten Stiftung, bekommen wir mehr Anträge, als wir bewilligen können. Pro Jahr treffen die Kuratoriumsmitglieder bis zu 200 positive Entscheide. Wir berichten auch regelmäßig darüber, beispielsweise auf Facebook oder auf der Internetseite: www.gut-engagiert.de.

Rechnen Sie mit dem Rückgang an Zusagen?

Mölder Uns ist ganz wichtig, dass jeder, wirklich jeder einen Antrag auf Förderung stellen kann, der die Satzungszwecke erfüllt. Unser Ziel ist es, die Bandbreite der zu fördernden Projekte zu erhalten. Das ist zu schaffen, wenn wir es über die Höhe der jeweiligen Zusagen steuern. Mit den Institutionen, die wir dauerhaft fördern, sind wir immer in guten Gesprächen, so dass hier auch eine gewisse Flexibilität besteht.

Wie sieht das Verhältnis der dauerhaften zur temporären Förderung aus? Wer oder was wird dauergefördert?

Mölder Das Verhältnis liegt etwa bei 30:70. Eine Dauerförderung bekommen zum Beispiel auf Kreisebene das Festival Alte Musik in Knechtsteden, das Niederrhein Musikfestival auf Schloss Dyck und der Zonser Hörspielpreis. Auf Städteebene: in Neuss das Projekt "Jedem Kind seine Stimme" und in Korschenbroich der "Internationel Orgelwettbewerb". Außerdem sind wir Eigentümer der Rückriem-Hallen in Sinsteden und des Hauses Rottels in der Neusser Innenstadt. Eigentum verpflichtet, auch zur Instandhaltung, um für Besucher attraktiv zu bleiben und Werte für die kommenden Generationen zu bewahren.

Wonach richtet sich die Verteilung auf die verschiedenen Bereiche Kultur, Sport und Soziales?

Mölder Das ergibt sich aus den sieben Satzungen, der Genehmigung der Stiftungsaufsicht beim Land NRW und dem Steuerrecht.

Wer entscheidet über die Förderanträge?

Mölder Ein Kuratorium, das je nach Stiftung unterschiedlich zusammengesetzt ist. Um in der vor 36 Jahren errichteten Neusser Jubiläumsstiftung zu bleiben: Es zeigt sich immer wieder, wie wertvoll es ist, dass auch Kulturpolitiker im Kuratorium mitarbeiten, die beurteilen können, wie wichtig ein Projekt oder eine Einrichtung für die Stadt sind. Für alle Stiftungen gilt: Wir diskutieren leidenschaftlich, intensiv und manchmal kontrovers, fassen dann aber fast alle Beschlüsse einstimmig.

Und es wird kontrolliert, wofür das Geld ausgegeben wurde?

Mölder Sofern wir gemeinnützige Einrichtungen fördern, bekommen wir eine erforderliche Zuwendungsbescheinigung. Die Vereine werden alle 3 Jahre vom Finanzamt bezüglich der Mittelverwendung geprüft. Zudem erhalten wir Abschlussberichte von jedem, der mit mehr als 5.000 € von uns gefördert wurde und können uns vielfach vor Ort von der gelungenen Umsetzung überzeugen.

HELGA BITTNER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(NGZ)
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