Spanische Bildhauerin in Neusser Skulpturenhalle Natur im spiegelnden Glaspavillon erleben

Neuss · Am Freitag wird in der Skulpturenhalle eine Ausstellung mit Werken der spanischen Bildhauerin und Installationskünstlerin Cristina Iglesias eröffnet. Geboten wird ein Rundgang, der Innen- und Außengrenzen verschwimmen lässt.

 Wer den „Pabellón de Cristal“ von Cristina Iglesia betritt, kann durch einen Gitterboden in die Tiefe einer unterirdischen Welt blicken.

Wer den „Pabellón de Cristal“ von Cristina Iglesia betritt, kann durch einen Gitterboden in die Tiefe einer unterirdischen Welt blicken.

Foto: dejan-saric

Es plätschert im Kristallpavillon. Inmitten von schimmernden Glaswänden können sich Besucher darin wie auf einer Bank niederlassen und dem Klang des Wassers lauschen. Doch noch etwas gibt es in dem grünlichen Kubus zu entdecken: Unter den Besuchern erstreckt sich ein Gitterboden, der den Blick in die Tiefe freigibt. Nachgebildete Pflanzen und Äste sind dort zu sehen, die gleichmäßig von dem Wasser überspült werden. Es hat beinahe etwas Meditatives, der gleichmäßigen Strömung zu zusehen, die sich in der Mitte des Wurzelwerks sammelt. Und während man hinab sieht, beginnen allmählich die Grenzen des Innen- und Außen, der Architektur und Natur zu verschwimmen.

„Pabellón de Cristal“ heißt dieser ungewöhnliche Ort und ist eine Installation der spanischen Bildhauerin Cristina Iglesias, deren Werke ab Freitag, 3. September, in der Skulpturenhalle der Thomas-Schütte-Stiftung zu sehen sind. „Wir machen das, was andere nicht machen“, erzählt Stiftungsgründer und Bildhauer Thomas Schütte über die neue Schau. Denn Cristina Iglesias, die er schon seit Jahrzehnten kennt, hätte in Deutschland bislang erst wenige Ausstellungen gehabt. Dabei ist die 1956 in San Sebastián geborene Künstlerin, die in Torrelodones bei Madrid lebt und arbeitet, sowohl in Spanien als auch international gefragt: 1993 vertrat sie das Land etwa bei der Biennale und seit den 1990er Jahren entwickelte sie zahlreiche Arbeiten für den öffentlichen Raum – sowohl in Europa als auch in den USA.

 Freistehende Terrakottaelemente, wie man sie aus der maurischen Architektur kennt, sind unter dem Titel „Historia Natural y Moral de las Indias“ zu sehen.

Freistehende Terrakottaelemente, wie man sie aus der maurischen Architektur kennt, sind unter dem Titel „Historia Natural y Moral de las Indias“ zu sehen.

Foto: dejan-saric

Die Schau, die nun in der Skulpturenhalle zu sehen ist, hat Dieter Schwarz kuratiert. Bislang sei es die technisch aufwändigste Ausstellung gewesen, die dort jemals stattgefunden hat, erzählt Schütte. 17 Tage lang hat ein Team, das zeitweise aus 15 Menschen bestand, die Installationen, die teilweise von einem Motor betrieben werden, aufgebaut, auch die Künstlerin selbst sei für die Konzeption zwei Mal vor Ort gewesen, erzählt Maria Franziska von Hasselbach, die die Aufbauarbeiten begleitet hat.

Wer nun die Skulpturenhalle betritt, bekommt einen Einblick in das vielseitige Werk der spanischen Bildhauerin: Zwei Brunnen greifen das im Kristallpavillon beobachtete Wasserspiel auf: Wer sich Zeit nimmt erkennt bald, wie das Wasser in einem Strudel aus nachgebildeten Wurzeln aus Polyesterharz schlürfend verschwindet, um dann langsam wieder anzusteigen. In dem zweiten Brunnen steigt der Wasserspiegel bis zum Überlaufen an.

 Cristina Iglesias  ab Freitag in der Skulpturenhalle der Thomas-Schütte-Stiftung

Cristina Iglesias  ab Freitag in der Skulpturenhalle der Thomas-Schütte-Stiftung

Foto: dejan-saric

Ein weiterer Blickfang ist eine Raumfolge aus freistehenden Terrakottaelementen, die wie ein Labyrinth angeordnet sind. Während man durch die Gänge schlendert, lässt sich erkennen, dass in die durchscheinende Struktur einzelne Buchstaben eingelassen worden sind. Sie bilden, so verrät es ein Essay des Kurators Dieter Schwarz, Textteile aus einer Schrift des spanischen Jesuiten José de Acosta, der im 16. Jahrhundert Südamerika erkundete und dann über die Verbindung zwischen „Neuer und Alter Welt“ schrieb. Je nach Lichteinfall ergeben sich interessante Schattenspiele in den Gängen.

Wer das Labyrinth verlässt, findet sich vor einem amorphen Gebilde aus Abgüssen von Ästen und Pflanzen wieder, das sich spiralförmig in die Höhe windet und sogar betreten werden kann. „Growth“, so der Name, ist aus Aluminiumguss, Glas und Pigmenten.

Überhaupt wirkt die Skulpturenhalle mit den Ausstellungsstücken wie ein Gesamtkunstwerk. Abgerundet wird es mit Bildern auf Kupferplatten und einem Wandobjekt, das zu Iglesias’ frühestem Werk in der Ausstellung zählt. „Untitled Berlin II“ wirkt wie ein Vordach, das klassischerweise über Türen angebracht wird. In diesem Fall liegt die blaue Glasfläche über einem Stoff mit Naturmotiven, der jedoch erst zu sehen ist, wenn der Betrachter genau unter das Vordach tritt und nach oben blickt. Von der Skulpturenhalle aus geht es in den Raum, der sich gleich hinter dem Kassenbereich befindet. „War in der Halle die Realität, finden sich dort ihre Entwürfe und Modelle“, erklärt von Hasselbach.

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